Aufreißen, abziehen, kleben: So sammelt Stuttgart. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Aufreißen, abziehen, kleben - die Schwaben sind im Sammelfieber. Auf 324 Bildern präsentiert sich Stuttgart. Eine Hommage der Firma Panini an die Heimatstadt: hat sie doch ihren Deutschland-Sitz am Feuersee.

Stuttgart - Bruno Bolchi war der Erste. Nur eingefleischte Fans von Inter Mailand werden sich an ihn erinnern. Bleibenden Ruhm erlangte er dadurch, dass er der erste Kicker war, den die Brüder Giuseppe, Umberto, Franco und Benito Panini auf ein Sammelbild druckten. Das war 1961. Das erste von mehr als zig Milliarden Klebebildern, die sie noch verkaufen sollten.

Angefangen hatten sie mit einem Kiosk in Modena. Als sie einen Restposten von Sammelbildern mit Konterfeis von Fußballern erstanden, kamen sie auf die Idee, die Bilder zu mischen und in Tüten zu verkaufen. Das lief so gut, dass sie 1961 das erste Panini-Album mit Klebebildern von Fußballern der italienischen Serie A verkauften. Sie mischten die Bilder von Hand, warfen die Stapel an die Wand und rührten sie mit einer Schaufel durch. Bis Umberto Panini eine Mischmaschine baute, die dafür sorgte, dass in den Tütchen keine identischen Bilder landete. Die Maschinen arbeiten bis heute. Alleine in den vergangenen 20 Jahren wurden 150 Milliarden Sticker produziert, gemischt, eingetütet und in 100 Länder verkauft.

Stuttgart sammelt Stuttgart

Dort in Modena laufen nicht mehr nur die italienischen Helden der ersten Stunde Sandro Mazzola, Gianni Rivera und Bruno Bolchi vom Band. Neuerdings werden auch Äffle und Pferdle, der Rapper Cro, die Fantastischen Vier, Gotthilf Fischer, Philipp Poisel, Wolfgang Dauner, Natalia Wörner, Nina Hoss, Trudel Wulle, Gottlieb Daimler, Robert Bosch oder Mathias Richling eingetütet.

Die Idee zu „Stuttgart sammelt Stuttgart“ stammt von den Hamburger Journalisten Oliver Wurm und Alexander Böker, die mit unserer Redaktion dieses Album zusammengestellt haben. Für diesen Sammelspaß, der viel Wissenswertes aus Stuttgart und der Region enthält, haben sich die Zeitungen mit Panini, dem Weltmarktführer bei Sammelbildern, zusammengetan. Der Deutschlandsitz des Unternehmens befindet sich in Stuttgart am Feuersee.

Begegnung mit den Helden der Kindheit

Wer hier im Hinterhof vorbeischaut, der möchte sich am liebsten mal einschließen lassen. Und in Ruhe die ganze Nacht durchschmökern und den Helden der Kindheit begegnen. Batman, Spiderman, die Simpsons, Wickie, Biene Maja wohnen beim Panini-Verlag an der Rotebühlstraße. Und sollte einem langweilig werden, könnte man Sammelbilder kleben.

Panini, das ist nämlich ein Gemischtwarenladen. 1974 eröffneten die Italiener in München ihre erste Niederlassung in Deutschland, vornehmlich um hier das erste deutschsprachige Album zu vertreiben: „Euro Football“, da gab es die Spieler europäischer Spitzenclubs zu kleben, die Cruyffs, Beckenbauers und Aragones’. Da zählte übrigens auch der VfB dazu, der schied 1974 erst im Halbfinale des längst verblichenen Uefa-Pokals gegen den späteren Sieger Feyenoord Rotterdam aus.

2003 zog Panini nach Stuttgart

1993 zog Panini nach Nettetal in Westfalen. 2003 kamen die Italiener nach Stuttgart. Sie übernahmen die Dino entertainment AG, einst mitgegründet von Heiko Volz, der sich heutzutage die Geschichten von Äffle und Pferdle ausdenkt. Dino verlegte Comics, Steffen Volkmer war damals schon dabei. Heute ist er Pressesprecher bei Panini und weiß, wohin sich die Firma entwickelt hat. Sie ist nicht nur die Größe bei den Klebebildern, sondern auch „Deutschlands größter Verlag im Kinder- und Jugendsegment sowie Deutschlands größter Comicverlag“. 70 festangestellte Mitarbeiter bringen knapp 600 Titel heraus. Das ist etwas, was gerne in Vergessenheit gerät: Stuttgart ist nicht nur Autostadt, sondern auch Verlagsstadt. Und die deutsche Metropole in Sachen Bildergeschichten. Seien es bewegte wie bei den Trickfilmtagen, oder eben Comics aus dem Hause Panini. Stuttgart ist auch die einzige Stadt weltweit, in der Superman, Batman und Spiderman zuhause sind. In anderen Ländern werden die Superhelden aus den Häusern Marvel und DC bei verschiedenen Verlagen herausgegeben, Panini Deutschland hat beide Lizenzen. Wie auch jene für Star Wars, Feuerwehrmann Sam oder Mad. Eine Zeit lang hat man es gar mit einem Heft über Franziskus versucht namens „Mein Papst“. Das Portfolio ist also breit gefächert, doch denkt man bei Panini immer noch als erstes an Klebebilder. Nächstes Jahr zur WM in Russland wird wieder eifrig aufgerissen, abgezogen und geklebt. Doch zunächst heißt es: „Stuttgart sammelt Stuttgart“.