Ein 69-Jähriger soll eine Bekannte um viel Geld betrogen haben. Jetzt ist der Mann verurteilt worden. Foto: dpa/Peter Steffen

Ein Rentner, der seine Bekannte um rund eine Million Euro geprellt haben soll, muss nicht hinter Gitter. Der Schaden sei geringer, so das Stuttgarter Gericht.

Stuttgart - Der Vorwurf wog schwer. Binnen fünf Jahren soll der Angeklagte eine enge Bekannte, die ihn mit einer Vollmacht ausgestattet hatte, um rund eine Million Euro gebracht haben. Die vermögende Frau, die allein in Stuttgart mehrere Immobilien besitzt, hatte Anzeige erstattet, der 69-jährige Rentner wanderte in Untersuchungshaft – sechs Monate lang. Jetzt verlässt er den Saal 16 des Landgerichts als freier Mann.

„Ihnen wurden viele Dinge von der Geschädigten vorgeworfen, die nicht stimmen“, sagt Norbert Winkelmann, Vorsitzender Richter der 19. Strafkammer. Von einer Veruntreuung in Höhe von einer Million Euro könne keine Rede sein. Der Angeklagte aus Stuttgart, der zeitweise nahe der griechischen Stadt Thessaloniki gelebt hat, habe sich aber sehr wohl am Vermögen der Endfünfzigerin bedient. Aber eben nicht im angeklagten Ausmaß.

Anklägerin listet 166 Fälle auf

Der Mann, der von der Post AG eine Rente in Höhe von gut 1000 Euro bezieht, hatte die Geschäftsfrau vor 20 Jahren kennengelernt. Aus einer beruflichen Beziehung wurde im Laufe der Zeit eine enge freundschaftliche. 2010 war die Frau schwer erkrankt. Zudem soll sie familiäre Probleme gehabt haben. Mitte Juli 2011 erteilte sie ihrem guten Freund schließlich eine notarielle Generalvollmacht. Er sollte ihr Vermögen verwalten. Sie zog sich unterdessen nach Griechenland zurück.

Die Staatsanwältin hatte zu Beginn der Hauptverhandlung 166 Fälle aufgelistet, in denen sich der 69-Jährige an den Konten der Frau gütlich getan haben soll. Er soll an Geldautomaten in Griechenland etliche Barabhebungen vorgenommen und Geld auf die Konten seiner Familienmitglieder transferiert haben. Ende 2013 habe er durch 22 Käufe Wertpapiere im Wert von 200 000 Euro angeschafft – auf Kosten der Frau.

All dies hatte der Angeklagte anfangs weit von sich gewiesen. Seine Bekannte sei über alle Transaktionen informiert gewesen, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Er habe beispielsweise Geld für seine Verwaltertätigkeit von ihr bekommen, seine Frau sei für Dolmetscherdienste bezahlt worden. Etliche Abhebungen seien für Handwerkerleistungen gewesen.

250 000 statt einer Million Euro

Tatsächlich ergaben sich bei der Vernehmung der Frau vor Gericht „Ungenauigkeiten“, wie es der Richter formuliert. Die rund 70 Abhebungen in Griechenland hatte die Frau selbst getätigt, auch etliche dem Angeklagten vorgeworfene Überweisungen. Zudem stand dem Rentner eine Vergütung seiner Arbeit für die Frau zu.

Am Ende legte der Rentner doch noch ein Geständnis ab. Er habe das Geld für die Wertpapiere unterschlagen und zwei zweimal je 25 000 Euro abgegriffen. Der Schaden also: 250 000 Euro.

Folglich sprach ihn die Kammer in 74 Fällen vom Vorwurf der Untreue frei, andere Taten waren zudem verjährt, wieder andere wurden eingestellt. Das Urteil, das nach einer Verfahrensverständigung zustande kam: Ein Jahr und zehn Monate Gefängnis, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Knapp 30 000 Euro hat der Mann bereits als Schadenswiedergutmachung bezahlt. Den Rest soll er mit 50 Euro monatlich abstottern. Dafür würde der 69-Jährige allerdings 4400 Monate benötigen.