Foto: dpa

Für viele Stuttgarter Muslime wird es schwer, sich an die Regeln des Ramadans zu halten.

Stuttgart - Der muslimische Fastenmonat Ramadan hat am Mittwoch begonnen. Die strengen Regeln einzuhalten, ist für viele Muslime im Berufsalltag nicht leicht. So zum Beispiel im Dönerladen, wo lange Arbeitszeiten, das viele Essen und die Hitze am Dönerspieß das Fasten besonders erschweren.

Ahmad Suleiman (25) steht am Dönerspieß in der "Brasserie Imbiss" in Zuffenhausen. Er bereitet einen Döner für den Postboten an der Theke zu. Es ist Mittagszeit. Suleiman darf jetzt nichts zu sich nehmen. Seit Mittwoch ist Ramadan, der Fastenmonat im Islam. Suleiman ist Moslem. Bis zum 9. September darf er nur vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang etwas essen und trinken.

Zu Hause nehmen viele Urlaub

60.000 Muslime leben nach Schätzung des Statistischen Amtes in Stuttgart. Die Gläubigen unter ihnen fasten im Ramadan. Bei Tageslicht verzichten sie nicht nur auf Essen und Trinken, sondern auch auf Geschlechtsverkehr. Jeder Muslim soll den Koran mindestens einmal im Laufe des Fastenmonats lesen. Die Muslime sollen besonders darauf achten, in dieser Zeit nichts schlechtes zu tun oder schlecht zu reden.

Suleiman arbeitet erst seit drei Monaten im Döner-Laden. Während des letzten Ramadans bediente der Kurde aus dem Irak in einem Fast-Food Restaurant. "Das war schwer, jetzt wird es vielleicht noch schwerer". Zwölf Stunden am Tag macht Suleiman Döner. Heute Morgen durfte er ab 3.36 Uhr nichts mehr Essen. Die nächste Mahlzeit gibt es erst wieder um 20.55 Uhr. Er weiß, dass es um den Spieß herum über 60 Grad Celsius werden kann. Da ist der Durst nicht aufzuhalten. Den Koran lesen wird er wahrscheinlich nicht. Dazu fehlt ihm die Zeit. "Zu Hause im Irak nehmen viele jetzt Urlaub. Hier bin ich der einzige der fastet."

Halil Özdey (23) wird in diesem Jahr nicht fasten. Er ist Inhaber des "Schnellrestaurant-Cafe Rosenstein", einem Dönerladen im Stuttgarter Norden. "Ich arbeite 15 Stunden am Tag. Überall um dich herum ist Essen. Die Hitze am Dönerspieß ist unerträglich."

Eine der fünf Säulen des Islams

Nicht alle Muslime müssen fasten in diesem Monat. Für Kranke, schwache ältere Menschen, schwangere Frauen und stillende Mütter sowie Frauen während der Menstruation gilt die Regel nicht. Sie sollen die Fastentage möglichst nachholen. Die Muslime beginnen mit dem Fasten, sobald sie in die Pubertät kommen. Schon davor versuchen die Eltern, ihre Kinder daran zu gewöhnen. So verzichten manche Kinder bis zu einer bestimmten Uhrzeit auf Essen, andere versuchen so viele Tage wie möglich hintereinander nichts zu sich zu nehmen.

Das arabische Wort Ramadan bedeutet "ruhen, enthalten". Auch als "Hitze, Trockenheit" kann es übersetzt werden, was den Hunger und den Durst während der Fastenzeit beschreibt. Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender. Dadurch verschiebt er sich jedes Jahr um zehn bis elf Tage nach vorne. Weil sich der Ramadan verschiebt, muss jeder Muslim auf der Welt zu jeder Jahreszeit einmal fasten. "Jetzt im Sommer ist das besonders schlimm", sagt Özdey. Bevor er den Dönerladen hatte, fastete auch er. "Die ersten Tage geht es noch, aber mit der Zeit wird es immer schwieriger". Neben leeren Bäuchen sorgt der Fastenmonat auch für leere Kassen. "Es ist nicht nur Ramadan, sondern auch Ferienzeit. Einen Verlust von 50 Prozent mache ich mindestens", sagt Özdey. Auch wenn Özdey den Ramadan nicht einhalten kann, er will trotzdem etwas gutes tun. "Du fastest, damit du merkst, wie es den Armen geht." Er plant Geld zu spenden, damit eine arme türkischen Familie ein Schaf dafür erhält.

Eine der fünf Säulen des Islams

"Das Fasten ist ein Gottesdienst. Gott hat uns die Regel zum Fasten gegeben", erklärt der Imam der islamischen Gemeinde Zuffenhausen. Das Fasten gehöre zu den fünf Säulen des Islams, also einer der fünf Pflichten, die jeder Moslem in seinem Leben zu erfüllen habe. Die übrigen vier Säulen bilden das islamische Glaubensbekenntnis, also Allah als einzigen Gott anzuerkennen, fünfmal täglich zu beten, eine Almosensteuer zu leisten und einmal im Leben in die für die Muslime heilige Stadt Mekka zu pilgern.

Am Ende des Fastenmonats werden die Muslime mit dem "Fest des Fastenbrechens" belohnt. An diesem Tag gehen die Familien vor Sonnenaufgang, nach dem rituellen Waschen, gemeinsam in die Moschee. Hier beten sie und lesen aus dem Koran. Danach trifft sich jede Familie beim ältesten Familienmitglied, um zu feiern. Hier gibt es endlich reichlich zu Essen. Die Kleinen bekommen Geschenke. Drei Tage soll das Fest eigentlich dauern. In Deutschland gehen viele Muslime allerdings schon am zweiten Tag wieder arbeiten. Özdey wird das Fest des Fastenbrechens dieses Jahr nicht feiern: "Das macht keinen Sinn, wenn man nicht gefastet hat. Außerdem ist meine ganze Familie in der Türkei." Suleiman versucht dafür Urlaub zu bekommen. "Richtig feiern werde ich aber nicht." Auch seine Familie ist nicht hier. Das große Fest ohne sie kannsich auch Suleiman nicht vorstellen.