Fachdienst Prostitution soll ins Präsidium verlegt werden – Auch die Polizei im Schwabenzentrum zieht aus.
Stuttgart - Der für das Sex-Gewerbe zuständige Fachdienst Prostitution der Stuttgarter Polizei soll seine Dienststelle in der Nähe des Leonhardviertels aufgeben und ins Polizeipräsidium auf den Pragsattel verlegt werden. Kritiker befürchten, dass die räumliche Distanz den Beamten künftig die Arbeit erschweren könnte und Prostituierte weniger geschützt sind.
Im Zuge der landesweiten Polizeireform wird der Fachdienst in der Christophstraße 7 mit seinen 21 Beamten mit dem Dezernat für Sexualdelikte (15 Beamte) im Polizeipräsidium fusionieren. „Die Optimierung der Arbeitsabläufe und die Suche nach Synergieeffekten sollen dazu beitragen, Geld einzusparen“, sagt Polizeipressesprecher Olef Petersen. Die letzte Entscheidung über den Umzug sei aber noch nicht getroffen.
Fusion des Fachdienstes Prostitution mit dem Dezernat für Sexualdelikte sei sinnvoll
Nach Informationen unserer Zeitung ist der Grundsatzbeschluss zur Fusion bereits getroffen; über die konkrete Umsetzung soll bis zum 1. Oktober entschieden sein. Nach derzeitigem Stand, so Petersen, werde der Fachdienst nicht komplett verlagert; vielmehr solle es im Gebäude, in dem auch der Kriminaldauerdienst sitzt, weiterhin „Ansprechpartner“ für das Thema Rotlicht geben. Polizeiintern wird diese Variante als „Schalterdienst“ bezeichnet.
Eine Fusion des Fachdienstes Prostitution mit dem Dezernat für Sexualdelikte sei durchaus sinnvoll, heißt es in der Polizei. „Die beiden Abteilungen haben im Arbeitsalltag bei Themen wie Menschenhandel oder Ausbeuterei von Frauen ohnehin fast täglich miteinander zu tun“, erklärt ein Beamter. Doch dafür würde es auch genügen, die Leitungsebene zusammenzufassen.
„Dass man den Fachdienst nur unter Kostengründen nach mehr als zwei Jahrzehnten aus der Nähe zum Leonhardsviertel abzieht, wo es die größten Brennpunkte bei der Prostitution und dem Straßenstrich gibt, ist hingegen ein Unding“, warnt ein unabhängiger Sicherheitsexperte. Ein ständiger, auch beiläufiger Kontakt zur Szene sei für gute Polizeiarbeit unverzichtbar. „Auch die Frauen, die auf dem Strich unter unwürdigen Bedingungen anschaffen müssen, benötigen den zuverlässigen Schutz durch die Präsenz von Polizeibeamten“, betont der Experte.
Im Leonhardsviertel gibt es rund 25 Prostitutionsobjekte
„Der drohende Weggang des Fachdienstes widerspricht den positiven, ämterübergreifenden Bemühungen bei der Stadtverwaltung, das Leonhardsviertel auf einen besseren Weg zu bringen“, kritisiert Veronika Kienzle (Grüne), Bezirksvorsteherin Mitte. Sie will versuchen, Polizeipräsident Thomas Züfle noch im persönlichen Gespräch umzustimmen. „Wir brauchen zurzeit alle Kräfte für das Leonhardsviertel – und der Fachdienst ist eine davon“, so Kienzle.
Das Argument, dass die Polizei künftig zu weit weg vom Geschehen sei, will man im Polizeipräsidium nicht gelten lassen. „Wir ziehen uns ja nicht aus dem Leonhardsviertel zurück“, betont Petersen. Schon heute übernehme die Einsatzhundertschaft Sicherungsaufgaben im Rotlicht, das solle so bleiben. „Man muss festhalten, dass der Fachdienst nicht nur für die Leonhardstraße, sondern für das ganze Stadtgebiet zuständig ist“, sagt Petersen. Im Leonhardsviertel gibt es rund 25 Prostitutionsobjekte; 160 sind es in der übrigen Stadt.
Der Abzug des Fachdienstes Prostitution ist nicht die einzige Veränderung der Polizeistruktur in der City: Nach Informationen unserer Zeitung soll das für die Innenstadt zuständige Revier 1 an der Hauptstätter Straße mit seinen 150 Beamten aus dem Schwabenzentrum ausziehen und ins Hospitalviertel in die Firnhaberstraße umziehen. Das würde das Problem der erheblichen Raumnot von Polizei und Stadtverwaltung im Schwabenzentrum lösen.