Am Probstsee lebt stuttgartweit die größte Teichhuhn-Population. Auch bei den Möhringern ist das Kleinod beliebt, doch das bekommt ihm nicht gut. Foto: Sandra Hintermayr

In einem Konzept der Stadt Stuttgart stehen 20 ökologisch besonders wertvolle Flächen. Drei davon sind im Stadtbezirk Möhringen. Wir haben sie genauer angeschaut.

Möhringen - Kuckuck, ruft’s aus dem Wald – und durch die Pappeln am Probstsee. Dort fühlt sich der Vogel wohl, zumindest hat er das viele Jahre lang, ebenso wie Teichhühner, verschiedene Lurche, die Ringelnatter, der Laufkäfer und der Kleine Schillerfalter. Für diese Tierarten ist der See bekannt. Doch viele sind bedroht, ebenso wie das Gewässer selbst.

Welche Probleme bestehen am Möhringer Probstsee?

Seine Beliebtheit bei den Möhringern ist für den See zum Nachteil geworden. Das Kleinod ist stark frequentiert. Es gibt viele Trampelpfade durch die Röhricht- und Schilfbestände. Der östliche Bereich ist plattgetrampelt. Hinzu kommt, dass viele Besucher zum Entenfüttern kommen. Das tut weder den Tieren gut, noch dem See. Zudem sprechen die Experten von einer Gehölzsukzession. Das bedeutet, dass andere Pflanzen in die Röhrichtbestände hineinwachsen. Am Probstsee ist insbesondere der Hartriegel ein Problem.

Wie möchte das Amt für Umweltschutz gegensteuern?

Das alles steht im Artenschutzkonzept der Stadt Stuttgart. Renate Kübler vom Amt für Umweltschutz hat dieses in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats vorgestellt.

Der Probstsee ist eine der sogenannten Top-E-Flächen. Das sind Pilotflächen, bei denen die Verwaltung hofft, mit geringem Aufwand einen hohen Nutzen erzielen zu können. Am Probstsee hat das Umweltamt bereits mit der Umsetzung begonnen. Der Gemeinderat hat dafür im aktuellen Doppelhaushalt 7195 Euro bereit gestellt. Mit dem Geld hat die Stadt den östlichen Röhrichtbereich einzäunen lassen. „Das hat uns schon viel Kritik eingebracht. Es gab aber keine andere Möglichkeit“, sagte Kübler im Bezirksbeirat. Das Ziel seien Rückzugs und Brutmöglichkeiten für einige Tierarten wie zum Beispiel das Teichhuhn. Zudem sollen die Uferbereiche ausgelichtet und Bäume besser gepflegt werden. Wenn Bäume nachgepflanzt werden, dann vorzugsweise die einheimische Neckar-Schwarzpappel. Darüber hinaus sollen bestimmte Wiesenbereiche nur noch zweimal im Jahr gemäht werden. Die Verwaltung schätzt die jährlichen Kosten für einen besseren Artenschutz am Probstsee auf knapp 40 000 Euro.

Wie ökologisch wertvoll ist die Kressart-Streuobstwiese?

Streuobstwiesen prägen die baden-württembergischen Kulturlandschaft. Aktuell erstrecken sie sich auf etwa 116 000 Hektar mit 9,3 Millionen Obstbäumen. Etwa die Hälfte sind Apfelbäume, ein Viertel sind Kirschbäume. Das Obst ist Nahrungsquelle, die Wiesen sind ein Refugium für viele Arten. Eine der größten Streuobstwiesen in Stuttgart ist das Gebiet Kressart, weshalb auch sie zu den vom Umweltamt definierten Top-E-Flächen gehört. Dort leben Spechte, Steinkauze, Halsbandschnäpper und Gartenrotschwänze. Außerdem fühlen sich Fledermäuse, Schmetterlinge, Totholzkäfer, Wildbienen und andere Insekten wohl. Aktuell ist die Wiese ungemäht, die Bäume sind überaltert und zum Teil nicht geschnitten. Genau diese Missstände will das Umweltamt nach und nach beseitigen. Dazu soll der Pachtvertrag an die gewünschte extensive Pflege angepasst werden. Außerdem könnten die steilen Hanglagen beweidet werden.

Warum taucht der Rohrer Weg nicht im Artenschutzkonzept auf?

Der Rohrer Weg taucht nicht im Artenschutzkonzept der Stadt Stuttgart auf. Darum fragten die Bezirksbeiräte nach, schließlich gibt es im Ort die Schutzgemeinschaft Rohrer Weg, deren Mitglieder sich ehrenamtlich um den Erhalt der Kulturlandschaft kümmern. Kübler lobte zwar das Engagement der Möhringer, sagte aber auch: „Es müsste noch mehr gemacht werden.“ Teilweise würde die Flächen zuwachsen, und zu wenige abgestorbene Bäume würden ersetzt werden. Das Problem, das dahinter steht, ist bekannt: Viele Flächen befinden sich in Privatbesitz. Die Eigentümer sind oft zu alt, um sich um ihr Stückle zu kümmern. Ohne ihre Erlaubnis kann aber auch die Schutzgemeinschaft auf den Grundstücken nichts machen.

Was ist ein Seggenried und warum ist die Sternhäule ein Kleinod?

Auch an der östlichen Plieninger Straße, wo sich ein Bürokomplex an den anderen reiht, ist ein Kleinod zu finden: nämlich in der Sternhäule. Dort gibt es ein sogenanntes Seggenried. Das ist eine Feuchtwiese, auf der hauptsächlich Sauergräser, also Seggen, wachsen. Dort fühlt sich zum Beispiel die Sumpfheuschrecke wohl. Die Flächen in der Sternhäule sind verpachtet, ein Grundstück ist in Privatbesitz. Als problematisch sehen die Experten an, dass das Gebiet zu intensiv gemäht werde. Sie schlagen eine einschürige Mahd vor, das Grüngut müsse dann entsorgt werden. „Wir sind im Gespräch mit den Pächtern und dem Eigentümer“, sagte Kübler. Zudem gebe es Überlegungen, das Areal zu einem Landschaftsschutzgebiet zu erklären.

Fakt sei, dass der Artenschutz eine Daueraufgabe sei, so Kübler. Der Gemeinderat hat Geld für eine unbefristete Stelle und 900 000 Euro für ein erstes Maßnahmenpaket zur Verfügung gestellt.