Augenscheinlich ist der Komplex hinter dem Rathaus ein Gebäude. Tatsächlich hat er zwei Adressen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Immobilienmakler Michael Bräutigam hat Probleme beim Kauf des Komplexes an der Nadlerstraße.

S-Mitte - Erwartet war eine Formalie, die in wohlwollender Zustimmung endet. Über das Aussehen des an der Nadlerstraße geplanten Hotels – direkt gegenüber der Rückseite des Rathauses – soll nach einem Architektenwettbewerb entschieden werden. Dies war Wunsch und Wille des Bezirksbeirats wie auch des Gemeinderats. Das Vorhaben war lange umstritten. Den Kritikern missfiel insbesondere, dass sich der neue Komplex möglicherweise nicht in die Umgebung einfügt.

Dem Wettbewerb über das Äußere stimmte der Investor widerstandslos zu – der Immobilienmakler Michael Bräutigam. Zur Beratung über die Formalie kam der Chef des hiesigen Ablegers des Colliers-Konzerns eigens in den Bezirksbeirat Mitte, erklärte dort aber nicht wesentlich mehr, als dass der Stadtmitte „ein kleines Boutiquehotel fehlt“. Das Haus habe er dafür schon längere Zeit im Blick gehabt, anfangs nicht einmal gewusst, wer der Eigentümer ist. Geplant sind 80 bis 90 Zimmer. Die Zustimmung bekam Bräutigam erwartungsgemäß, allerdings wird das Aussehen wie die Zimmerzahl seines Hotels auch nach dem Wettbewerb noch einigermaßen offen sein, denn dessen Größe ist unklar.

Das Haus hat zwei Adressen

Augenscheinlich ist der Komplex ein zusammenhängender Bau. Tatsächlich hat das Haus zwei Adressen, die Nadlerstraße 4 und die Steinstraße 2. Der eine Teil ist Eigentum der Stadt. Den Verkauf an Bräutigam für rund sechs Millionen Euro hat der Gemeinderat genehmigt. Auf den anderen Teil hatte die Stadt allerdings nur ein Erbbaurecht im Wert von 600 000 Euro. Kaufbemühungen waren gescheitert. Eigentümer ist eine Erbengemeinschaft. „Wir hatten gehofft, dass der Kauf einem Investor leichter fällt als der Stadt“, sagte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, „nun haben auch Sie Schwierigkeiten“.

Was für die fünf Büros, die zum Wettbewerb eingeladen sind, ebenfalls gelten dürfte. Sie sollen den Komplex in drei Versionen planen. In der ersten wird der gesamte Bau zum Hotel, in der zweiten nur die städtische Hälfte, in der noch das Europahaus untergebracht ist, in der dritten eine um ein Stockwerk niedrigere Variante. Bräutigam plant, auf den Bau eine Etage aufzusatteln, deren Außenwände von der bestehenden Fassade zurückversetzt wären. Dies allerdings „könnte durch privatrechtliche Verträge nicht möglich sein“, sagte der Stadtplaner Wolf Gläser.

Bezirksbeiräte wollen autofreien Platz

Am 4. April sollen die Büros ihre Vorschläge einreichen, keine zwei Wochen später soll ein Preisgericht urteilen. Was auch ohne Planungsvarianten „ein ehrgeiziger Zeitplan ist“, wie Kienzle sagte. Falls der Erwerb der Steinstraße 2 misslingt, „kann ich mir das ganz schwer vorstellen“, sagte Martin Ruoff, Fraktionssprecher der Grünen, und „was den öffentlichen Raum angeht, finde ich die Auslobung wenig innovativ“. Die Bezirksbeiräte wünschen sich vor allem, dass der Platz vor dem Komplex autofrei bleibt, insbesondere frei von Reisebussen. Dies zu verfügen, wäre allerdings Sache der Stadt.

Gewiss ist, dass die Straßen um das geplante Hotel sich verändern werden, dies völlig unabhängig von Bräutigams Plänen. „Da sind wir schwer am Machen“, sagte Gläser. Die gesamte Umgebung soll neu erdacht werden. Derzeit entsteht ein sogenannter Rahmenplan Rathausumfeld. Anlass ist der Abriss der Rathausgarage. Wegen des Ersatzbaus wird die Verkehrsführung sich ohnehin ändern. Insbesondere die Steinstraße missfällt, das kurze Verbindungsstück zwischen dem Tagblattturm und dem Rathaus „ist definitiv unnötig überbreit“, sagte Gläser.

Zum Aussehen des künftigen Hotels gibt es keine nennenswerten Vorgaben. Zwar hatte Gläser Entwürfe mitgebracht, aber „die sind reine Platzhalter, das kann alles ganz anders aussehen“, sagte er. Bräutigam ist unabhängig von den künftigen Eigentumsverhältnissen „zuversichtlich, dass wir eine vernünftige Lösung hinbekommen“. Sein Zeitplan bleibt auch nach dem Architektenwettbewerb ehrgeizig: „Im Herbst oder zum Jahresende wollen wir mit dem Bau beginnen.“