Große Fenster sollen das Gebäude des Innenministeriums (li.) gliedern und die Fassade aus Mosaiksteinen an Ziegelfassaden erinnern Foto: Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Stuttgart

Die Fassade soll den 65-Millionen-Neubau des Innenministeriums nicht so mächtig wirken lassen.

Stuttgart - Obwohl der Rohbau des Innenministeriums zwischen Mittlerem Schlossgarten und Willy- Brandt-Straße nicht ganz fertig ist, wirft er lange Schatten auf den Park. Nun soll nach Informationen dieser Zeitung eine rund 2,5 Millionen Euro teure Fassade den 65-Millionen-Euro-Bau nicht so mächtig wirken lassen.

Im Frühjahr dieses Jahres war auf der Baustelle an der Willy-Brandt-Straße außer der Baugrube und den vier knapp 40 Meter hohen Baukranen so gut wie nichts zu sehen. Mittlerweile hat der bis zu 40 Meter breite Bürokomplex zum Teil bereits seine Gesamthöhe von gut 21 Metern erreicht und zieht sich 200 Meter am Mittleren Schlossgarten lang. Richtfest soll im Oktober gefeiert werden.

Je nach Lichteinfall unterschiedlich schimmern

Der fast fertige Rohbau wirkt derzeit wie ein Ungetüm, das alles um sich herum zu verschlingen droht. Immerhin hätten in den 125000 Kubikmetern umbauten Raums statt der Büros für rund 670 Mitarbeiter auch 200 Einfamilienhäuser Platz. An der enormen Baumasse des Landesprojekts hat sich vor dem Baustart die Kritik des Gemeinderats und des Bezirksbeirats quer durch alle Fraktionen entzündet. Dennoch wurde der Entwurf des Berliner Architekturbüros Staab Architekten genehmigt, weil es für die Zusammenführung so vieler Mitarbeiter des Landes an einem Standort keine Alternative gegeben haben soll.

Damit der fertige Bürokomplex nicht mehr so massiv wie im Rohbau wirkt, soll er für rund 2,5 Millionen Euro eine Fassade aus rund acht Millionen gläsernen Mosaiksteinen bekommen. Die Fliesen sollen nur 23 mal 23 Millimeter groß und acht Millimeter dick und ihre Rückseite mit Farbpigmenten in verschiedenen Beigetönen unterlegt sein. Verlegt werden die changierenden Glassteine auf etwa 5650 Quadratmetern. Der Vergleich mit einem gefliesten Schwimmbad oder Badezimmer drängt sich zwar auf, stimmt laut Architekturbüro Staab aber nur bedingt. Die Fassade soll an das Bild einer Ziegelfassade, wie sie die Häuser zum Beispiel im Stuttgarter Westen oder das gegenüberliegende Hotel Le Méridien haben, aber auch an die Fassadenmosaike der Bauten aus den 50er und 60er Jahren erinnern. Damit die Fassade nicht glänzt, ist die Oberfläche der Glassteine aufgeraut und sie soll je nach Lichteinfall unterschiedlich schimmern.

"Das Gebäude wirkt wie ein Riegel vor dem Schlossgarten"

Die Gestaltung der Außenhaut des Ministeriums war Bestandteil des Siegerentwurfs im Wettbewerb, wurde aber im Lauf der Planungen modifiziert. Ursprünglich sollte die Fassade aus 60 mal 120 Zentimeter großen Platten aus gepresstem Glasabfall bestehen. Das wäre aber etwa doppelt so teuer. Außerdem wären die Fugen wesentlich auffälliger. Mit den kleinen Fliesen soll die Fassade homogener wirken. Ein vergleichbares Gebäude gibt es laut Architekturbüro bundesweit bisher nicht.

Mit der Fertigstellung des Ministeriums, das sich in fünf Trakte und einen Kopfbau gliedert, ist die Firma BAM DeutschlandAG als Generalunternehmer beauftragt. Sie übergibt den Bau für 65 Millionen Euro schlüsselfertig und schreibt die einzelnen Gewerke aus. Bei der Fassadengestaltung kommt die Reutlinger Firma Goldor Mosaico zum Zuge. Verlegt werden sollen die Fliesen nach der Fertigstellung des Rohbaus auf 30 mal 30 Zentimeter großen Matten. Pro 1000 Quadratmeter sollen die Arbeiten vier Wochen dauern, so dass fürs Anbringen der gesamten Fassade mit einem halben Jahr gerechnet wird.

"Wie ein Riegel vor dem Schlossgarten"

Neben den Fliesen sollen riesige Fenster den Bau auflockern. Diese sogenannten bis zu neun Meter langen Prallscheiben vor den eigentlichen Fenstern haben auch die Funktion, Lärm und Wärme abzuhalten.

Ob die Fassade das Ministerium leichter wirken lässt? "Mir war bisher nicht bekannt, dass eine Mosaikfassade geplant ist", sagt Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, und ist skeptisch, dass das Konzept aufgeht. "Trotz guter Architektur ist das Raumprogramm zu groß. Das Gebäude wirkt wie ein Riegel vor dem Schlossgarten", sagt sie und fürchtet auch, dass die Luftqualität am Neckartor durch den Riegel noch schlechter wird.

Rund hundert Arbeiter sind derzeit auf der Baustelle. Nächstes Jahr soll die Zahl auf mehr als 200 steigen. An Samstagen wird schon jetzt gearbeitet, damit das Ministerium im Sommer 2011 bezugsfertig ist.