Es läuft wie geschmiert: In Stuttgart werden rund 19 000 Starter erwartet Foto: Bm

Alles wird teurer, selbst die Teilnahme an Volksläufen. Ab 2016 müssen die Veranstalter für jeden erwachsenen Teilnehmer, der die Ziellinie überquert, einen Euro entrichten. Das komme dem Sport zugute, heißt es beim Deutschen Leichtathletik-Verband. Doch die Ausrichter sind verunsichert.

Stuttgart - Es gibt Firmenläufe, Silvesterläufe und, klar, an diesem Wochenende den Stuttgart-Lauf. In Deutschland läuft es wie geschmiert: Mehr als zwei Millionen Starts gab es im vergangenen Jahr, in Württemberg bewegten sich bei solchen Breitensportveranstaltungen 217 092 Menschen – fast dreimal so viele wie noch vor 15 Jahren. Der Run auf die Volksläufe geht weiter.

In Stuttgart werden an diesem Samstag und Sonntag etwa 19 000 Athleten erwartet. „Diese Veranstaltung ist ein Aushängeschild für die Sportstadt Stuttgart“, schwärmt Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann. 17 387 Läufer haben sich bereits angemeldet. Kurzentschlossene können das noch an diesem Wochenende nachholen. Für zum Beispiel 45 Euro für den Halbmarathon. Wer vorausschauender geplant hat, musste nur 30 Euro bezahlen. Gebühren bei Laufveranstaltungen sind normal, die Höhe variiert jedoch deutlich. Die SKG Botnang verlangt für den 10-km-Lauf am 4. Juli zum Beispiel zehn Euro, wer in Berlin die 42,195 Kilometer in Angriff nehmen will, der muss 98 Euro aus dem Geldbeutel kramen.

Mal sind durch die Beiträge nur die Organisationskosten abgedeckt, andere Läufe verschenken noch ein T-Shirt oder bieten einen bestimmten Service an. Beim Stuttgart-Lauf kann sich in diesem Jahr jeder sein persönliches Ziel-Foto im Internet herunterladen, und es ist erstmals möglich, jeden Läufer über das Internet per LiveTracking auf der Strecke zu verfolgen. Doch auch ohne Service und Aufwandsentschädigung hat sich herumgesprochen, dass Volksläufe nicht nur gut für die Gesundheit der Läufer sind, mit ihnen lässt sich auch Geld verdienen. Dies hat auch der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) festgestellt und will vom Boom profitieren.

2016 wird die Lauf-Maut eingeführt. Pro erwachsenem Athleten, der die Ziellinie überquert, wird ein Euro fällig. Bisher haben die Landesverbände entschieden, was sie verlangen. Beim Württembergischen Leichtathletik-Verband (WLV) waren das 50 Cent. „Genehmigungsgebühren sind im gesamten organisierten Sport üblich und erforderlich, um die Infrastruktur des Sports zu finanzieren“, begründete DLV-Präsident Clemens Prokop die Einführung des Lauf-Euro. Terminbörsen, Trainer-Ausbildung, das Erstellen von Bestenlisten, Streckenvermessungen usw. – das alles soll von diesem Geld finanziert werden. 60 Prozent der Einnahmen fließen an den Landesverband, den Rest behält der DLV. „Im Vergleich zu manchen anderen Anbietern reinvestieren wir die eingenommenen Gelder ausschließlich in den Sport und sind damit nur am Gemeinwohl orientiert“, erklärte der DLV-Chef.

WLV-Präsident Jürgen Scholz bereiten die höheren Gebühren „keine Kopfschmerzen“, wenn es um den Stuttgart-Lauf geht, den der Landesverband ausrichtet. „Wir haben verlässliche Sponsoren und Partner“, sagt Scholz. Unter anderem die Stadt Stuttgart, die laut Susanne Eisenmann den Lauf jährlich mit 51 000 Euro unterstützt. „Das wird auch so bleiben. Wir stehen zu dieser Veranstaltung“, sagt die Sportbürgermeisterin. Und was machen die kleineren Läufe? „Auch da werden wir eine Lösung finden, wenn es Probleme geben sollte“, sagt Jürgen Scholz. Doch trotz dieses Versprechens: Die Sorgen der Veranstalter steigen.

„Die Kosten sind sowieso schon gestiegen. Durch die Zeitmessung mit Chips und so weiter. Ich habe die Befürchtung, dass sich manch ein Verein in Zukunft überlegt, keinen Lauf mehr auszurichten“, sagt Axel Stahl vom gleichnamigen Sportgeschäft in Sindelfingen-Maichingen, das in Kooperationen unter anderem den Böblinger Stadtlauf und den Glaspalast-Lauf in Sindelfingen ausrichtet. Die Verdoppelung der bisherigen Gebühr hält Stahl für nicht angemessen, denn im Endeffekt müssten die Zusatzkosten wohl die Läufer tragen.

Gedankenspiele, die zusätzlichen Kosten auf die Läufer abzuwälzen, gibt es auch bei der SKG Botnang, die ihre Laufveranstaltung in diesem Jahr zum 27. Mal ausrichtet. „Viel Luft nach oben haben wir nicht“, sagt Britta Riehl, Abteilungsleiterin Turnen und Rasen. „Wir haben ja nicht die Absicht, mit dem Lauf Geld zu verdienen. Wir wollen die Menschen zum Laufen animieren.“