Die Behandlung zahlungskräftiger Patienten aus dem arabischen Raum hilft dem Klinikum Stuttgart Foto: Klinikum Stuttgart

Bei den Stadträten stehen Projekte des Klinikums Stuttgart im Ausland künftig auf dem Prüfstand. Es gibt Kritik an den riskanten Geschäften.

Stuttgart - Das offenbar defizitäre Geschäft des Klinikums Stuttgart mit Libyen und die damit verbundenen schwer prüfbaren Verträge sind auch bei den Mitgliedern des Krankenhausausschusses im Gemeinderat auf Kritik gestoßen.

Hinter den verschlossenen Türen des Krankenhausausschusses wurden die Mitglieder am Freitag über die bisherigen Ergebnisse des Rechnungsprüfungsamtes informiert. Demnach stehen Vorauszahlungen von 19 Millionen Euro Ausgaben von 28,4 Millionen Euro gegenüber. Für die Patienten aus Libyen rechnete das Klinikum 15 Millionen Euro Behandlungskosten ab, aber auch monatlich 100 000 bis 350 000 Euro an einen Dienstleister für Essens- und Taschengeld. Da keine schriftlichen Verträge vorhanden sind, können die Rechnungsprüfer nicht nachvollziehen, ob die Zahlungen ordnungsgemäß erfolgt waren.

„Die finale Rechnungsprüfung soll nun schnell erfolgen“, sagt der für das Klinikum zuständige Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne). In der sogenannten International Unit des Klinikums, die das Geschäft mit Libyen abgeschlossen hatte, sei nun eine neue Geschäftsordnung eingeführt worden, die die Abläufe bei solchen Projekten im Ausland regelt. Außerdem sei die International Unit mit einem zweiten Leiter verstärkt worden. Bis Februar soll nun laut Wölfle geprüft werden, ob sich die Beratertätigkeit in Kuwait – die ebenfalls in der Kritik der Rechnungsprüfer steht – angesichts der ohnehin schon finanziell belasteten Situation des Klinikums – noch lohnt.

Fraktionsmitglieder wollen Ergebnis der Rechnungsprüfer abwarten

Dass noch Zahlungen aus dem Libyen-Geschäft ausstehen, sei ihr bereits bekannt gewesen, sagt Maria Hackl, die für die SPD im Krankenhausauschuss sitzt: „Diese Abläufe waren für uns immer transparent.“ Neu sei für sie dagegen gewesen, dass es „handwerkliche Unzulänglichkeiten“ bei den Verträgen gegeben habe. „Es wäre sehr ärgerlich, wenn man den Eindruck bekommen könnte, dass das Klinikum dies nicht im Griff hatte“, sagt Hackl. Grundsätzlich spricht aus ihrer Sicht jedoch auch in Zukunft nichts gegen Projekte im Ausland, wenn die Risikoabschätzung stimmt. Doch sie will nun – ähnlich wie Vertreter der anderen Fraktionen – zunächst auf das Ergebnis der Rechnungsprüfer warten.

Wenn dies vorliegt, will auch Klaus Nopper (CDU) „kritisch-konstruktiv“ die Abläufe in der International Unit bei Geschäften mit dem Ausland hinterfragen.

Irritiert von Verträgen in arabischer Sprache zeigt sich Konrad Zaiß (Freie Wähler). „Man kann doch keine Verträge abschließen, die kaum jemand hier lesen kann“, kritisiert er. Dies war in dem geplanten Kuwait-Projekt der Fall, bei dem Berater aus dem Klinikum zum Razi-Krankenhaus für Orthopädie ausgeflogen werden sollten, um dort die medizinischen Leistungen zu verbessern. Auch der Gerichtsstand ist laut Vertrag in Kuwait. Dass aus dem Libyen-Projekt noch Zahlungen ausstehen, sieht Zaiß ebenfalls kritisch: „Wir werden ganz genau prüfen, wer das zu verantworten hat.“

Kritik an riskantem Geschäftsgebaren

Für Dr. Heinrich Fiechtner (AfD) stehen die aus seiner Sicht riskanten Geschäfte der International Unit grundsätzlich in Frage. „Andere Stuttgarter Krankenhäuser versuchen zwar auch, mit zahlungskräftigen Patienten aus dem Ausland Geschäfte zu machen, doch nicht in diesem Ausmaß und mit dieser Risikobereitschaft“, so Fiechtner. Er gehe davon aus, dass ein Unternehmen, das sich wie das Klinikum in kommunaler Hand befindet, zu risikoreicheren Geschäften neigt: „Die Geschäftsführungen von Krankenhäusern in freier Trägerschaft sind unmittelbar verantwortlich und legen deswegen nicht so ein riskantes Geschäftsgebaren an den Tag.“ Er zeigt sich verwundert, wie mit den Geldern der Steuerzahler umgegangen wurde.

Weniger kritisch sieht Stefan Urbat (SÖS-Linke-PluS) die Geschäfte der International Unit: „Da diese Abteilung im Gegensatz zu anderen im Klinikum Gewinne abwirft, wird das auch weiter laufen.“ Ob die Abläufe geändert werden müssen, hängt für Urbat von dem endgültigen Ergebnis des Rechnungsprüfungsamtes ab.