Zerstörte Häuser in der Schlossbergsiedlung in Kaltental Foto: privat/Sören Hildinger

Vor 80 Jahren sind die Thomaskirche und weitere Gebäude niedergebrannt, viele Menschen sind in der Bombennacht vom 11. März 1943 gestorben. Zeitzeugen erinnern sich.

Es ist die schlimmste Nacht in Kaltental gewesen: Am 11. März 1943 gingen Bomben der Alliierten über dem Stadtteil nieder. Viele Tote, zerstörte Häuser und unermessliches Leid waren die Folge. Die evangelische Thomaskirche brannte wie eine Fackel. „Viele ältere Menschen in Kaltental haben dieses furchtbare Bild noch vor Augen und erzählen mir immer wieder davon, wenn sie sich an den Krieg zurückerinnern“, sagt Pfarrerin Mirja Küenzlen. Ihr Mann Heiner Küenzlen ergänzt: „Die Kirche war für viele ein Symbol. Die Kaltentaler hatten lange darauf warten müssen, als Gemeinde selbstständig zu werden und ein eigenes Gotteshaus zu bekommen.“ Bauen durften sie die Kirche dann zu Zeiten der NS-Herrschaft nur unter der Maßgabe, dass es dort auch einen Bunker geben würde. 1938 stand die Kirche, fünf Jahre später brannte sie nieder.

Erinnerungen in einfühlsamen Berichten festgehalten

Die evangelische Thomasgemeinde und die Projektgruppe Geschichte Kaltental wollen an diese Schicksalsnacht vor 80 Jahren erinnern. „Es soll eine Mahnung sein, ein Auftrag, nicht zu vergessen, was Krieg für eine Zerstörung bedeutet an Gebäuden, Menschen und Seelen“, sagt Mirja Küenzlen. Die Zeitzeugen, die davon berichten und davor warnen können, wird es nicht mehr lange geben. Darum hat Sören Hildinger es sich zur Aufgabe gemacht, so viele wie möglich zu treffen. Mit um die zehn Kaltentaler Seniorinnen und Senioren hat er schon lange Gespräche geführt und ihre Erinnerungen dann in einfühlsamen Berichten festgehalten.

Die brennende Kirche ist dabei oft ein zentrales Thema, so wie bei den Erinnerungen von Gerda Huber, Jahrgang 1935: „Am 11. März 1943 war wieder großer Luftalarm in Kaltental. Es war schon Abend und dunkel. Die Sirenen heulten. (. . .) Also sind wir den Berg rauf in den Bunker der Thomaskirche. (. . .) Wir waren noch nicht lange drin, da kam jemand in den Bunker gerannt und rief: ,Die Kirche brennt, alles raus!‘ Große Aufregung. Wir rannten aus der brennenden Kirche ins Freie. Als wir beim Schuhmacher Koch angekommen waren, tat es plötzlich einen riesigen Schlag. Wir sahen, wie der brennende Kirchturm zusammenbrach und auf den Gehweg stürzte. Genau dorthin, wo wir kurz vorher gelaufen sind.“

Hildinger hat viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit in diese Berichte gesteckt. Er interessiert sich für Geschichte, er kann gut mit Menschen, und er hat Talent zum Schreiben. Ihm ist es wichtig, die Erinnerungen der Zeitzeugen für die nachfolgenden Generationen zu bewahren. „Ich möchte den Krieg aus der Abstraktion holen, es geht um die konkrete Erfahrung“, sagt Sören Hildinger. Wenn er abends die Nachrichten schaue, sehe er exakt dasselbe Leid, das ihm bei seinen Interviews geschildert worden sei. Und dann denke er sich: „Der Mensch hat in den vergangenen 80 Jahren nichts gelernt. Das ist das Schlimme an der Sache.“

Suche nach jemandem, der eine Internetseite gestaltet

Sören Hildinger hat auch viele alte Bilder gesammelt – eine Leidenschaft, die ihn schon seit seiner Jugend begleitet. Bei der Gedenkveranstaltung am Samstag, 11. März, werden die Zeitzeugenberichte, alte Fotos und Karten auf großen Plakaten zu sehen sein. Die Prälatin Gabriele Arnold und der Bezirksvorsteher Raiko Grieb werden Grußworte sprechen. Die Kirchenglocken sollen läuten. Das Gedenken an die Menschen, die in der Nacht vom 11. März 1943 ihr Leben verloren, steht im Mittelpunkt. Aber auch derjenigen, die vom NS-Regime verfolgt, deportiert und ermordet wurden, soll gedacht werden. Sören Hildinger wünscht sich zudem, dass alle Materialien, die er digital auf einem Computerstick gesammelt hat, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. „Wir würden uns über jemanden freuen, der uns eine Internetseite gestaltet.“

Dokumente aus den Kriegsjahren

Termin
Die Gedenkveranstaltung am Samstag, 11. März, beginnt um 18.30 Uhr in der Thomaskirche an der Schwarzwaldstraße 7.

Material
Wer Bilder von Kaltental aus den Vorkriegsjahren oder der Kriegszeit, Zeitungsartikel, Briefe oder sonstige Dokumente hat oder die Bombennacht am 11. März 1943 miterlebt hat, kann sich melden per E-Mail an Soeren.Hildinger@t-online.de.