Im Westen angekommen: Pantelis Botsas nach seiner Hindernis-Fahrt zur Arbeit. Foto: Haar

Ein Berufspendler berichtet über die Schwierigkeiten, täglich mit dem Rad durch Stuttgart zu kommen.

Stuttgart - Peter Pipiorke hat eine Vision: „Stuttgart zur fahrradfreundlichen Stadt machen.“ Davon träumt der Mann von der Naturfreunde Radgruppe Stuttgart nicht nur, dafür kämpft er auch. Und sei es nur mit Worten – nämlich immer dann wenn er seinen Rundbrief „Kettenblatt“ verschickt. Zuletzt bemängelte er darin: „Schon lange gärte es im Stuttgarter Kessel mit seinem Flickenteppich von Radwegfragmenten, die oftmals nicht der Norm entsprechen und zudem oft zugeparkt sind. Leider wurden Kritikpunkte der Radverbände seitens der Verwaltung nicht immer für sehr ernst genommen.“

In der letzten Zeit sei man trotz großer Bemühungen, wie etwas dem Radentscheid oder dem Radforum „keinen Millimeter voran gekommen“. Was Peter Pipiorke darunter versteht, hat ein Berufspendler auf der Hauptradroute eins dokumentiert. Für Pantelis Botsas wird der Weg so zu einer Tour der Leiden. „Die Rücksichtslosigkeit, mit der inzwischen Radwege zugeparkt, blockiert oder unbefahrbar gemacht werden, scheint immer weiter zuzunehmen“, klagt er und beginnt mit seinem Tour-Bericht:

„Heute morgen, war ein großer Teil der Hauptradroute 1 (um Staatstheater und Landtag) komplett blockiert. Beginnend ab dem Ferdinand-Leitner-Steg in Richtung Charlottenplatz, führt der Weg normalerweise am Staatstheater und am Landtag vorbei. Durch die Veranstaltung rund um den Eckensee, wurde eine Ausweichstrecke unterhalb des Steges und außen um das Staatstheater (an der B14 entlang) herum eingerichtet. Heute jedoch war keiner der offiziellen Radwege benutzbar. Die Stammstrecke ist bekanntlich komplett gesperrt. Nicht erst seit heute wird die Durchfahrt um Staatstheater am Eckensee vorbei massiv behindert.“

Radfahrer sind Kummer gewohnt

Als Radfahrer sei er ja Kummer gewohnt und weiß sich meist irgendwie zu helfen. Er kennt Schleich- und Umwege. Und natürlich die offizielle Ausweichrouter. „Aber an der Ausweichstrecke haben die Bauarbeiter direkt unter dem Steg einen Bauzaun geöffnet. Und zwar so, dass dadurch der Ersatzweg nicht passierbar ist. Man muss mit dem Fahrrad durch Bauschutt fahren/gehen, um auf die andere Seite des Ersatzweges zu gelangen. Ich habe mir die Freiheit genommen und den Bauzaun wenigstens zur Hälfte wieder geschlossen, damit Fußgänger und Radfahrer nicht durch Geröll durchwaten müssen.“

Das Motto „Wir machen den Weg frei“ hilft dem Radler allerdings nicht lange: Hat man dieses Hindernis geschafft, kommt man kurz vor der Kurve zur Konrad-Adenauer-Straße auf parkende Fahrzeuge. Und die Fahrt endet hier. Ein Durchkommen ist nicht möglich. Links und rechts ist der gesamte Weg vollständig zugeparkt. Nur ein schmaler Streifen von etwa einem Meter bleibt frei. Und diesen Streifen sollen sich Fußgänger und Radfahrer nun teilen.“

Auch dieses Hindernis hat Pantelis Botsas gemeistert. Aber die Freude ist von kurzer Dauer: „Schafft man diesen Parcours bis zum Staatstheater, freut man sich leider nicht lange genug auf die Weiterfahrt. Weil direkt an der Landtagsgarage stehen erneut Fahrzeuge direkt auf dem Radweg kreuz und quer. Nun kommt zusätzlich noch ein Container genau an diese Stelle, die dem Radfahrer als Umleitung beschildert wird.“

Auch der nächste Streckenabschnitt bringt keine Erleichterung: „Hat man diese Stelle passiert, stehen am Akademiegarten Baufahrzeuge mitten auf den Wegen. Ein Durchkommen ist nicht möglich. Man muss auf die Grünflächen ausweisen, die aber durch Bauzäune eingegrenzt sind. So wird das nichts, um die Menschen auf Alternativen zum Auto zu bewegen.“

Kein Tag ohne Rücksichtslosigkeit

Pantelis Botsas legt Wert auf die Festellung, dass diese Beeinträchtigungen keineswegs abnehmen, wenn nicht grade Stadtfest oder irgendeine andere Veranstaltung in der Innenstadt sei: „Ich lege diese Strecke jeden Tag zurück. Und es gibt keinen Tag, an dem nicht der Rad- oder Fußweg durch völlig rücksichtslose Verkehrsteilnehmer blockiert wird.“

Peter Pipiorke kann diese Schilderungen nur bestätigen: „Er trifft den Nagel auf den Kopf.“ Der Zuspruch mag Pantelis Botsas gut tun, aber am Ende meint leicht resigniert: „Noch schlimmer aber ist, dass diese Blockierer nichts zu befürchten haben. Denn die Stadt und die Polizei interessieren sich nicht für die Verkehrssicherheit. Solange die Autos durch die Straßen rollen können, ist alles gut. Der Rest der Bevölkerung, die wenigstens den Versuch unternimmt, im Kleinen etwas für die Reinhaltung der Luft zu tun, wird einfach im Stich gelassen“, sagt er und legt nach: „Viel schlimmer ist die Situation für Kinder, die ebenfalls diesen Teil der Strecken passieren müssen. Sie werden übersehen – ob mit Absicht oder einfach aus Unachtsamkeit. Und solange die Ursache für diese Behinderungen - nämlich das rücksichtslose Blockieren von Rad- und Fußwegen - nicht konsequent geahndet wird, muss wohl erst ein Kind tot gefahren werden, damit alle ganz erschrocken und dämlich betroffen wieder von nichts gewusst haben wollen.“

Es ist ein Eindruck, der sich auch bei Peter Pipiorke verfestigt: „Dies fällt alles in die Zuständigkeit von Bürgermeister Martin Schairer. Aber er kümmert sich meist nicht darum, sitzt das Problem wieder aus. Mittlerweile habe ich auch den Eindruck, dass er kein Interesse daran hat.“