Kleiner Schlossplatz mit Blick auf die Königstraße Ende der 1960er Jahre Foto: Hans-Peter Feddersen

Mit seinen Fotos lässt sich nachempfinden, wie sich das Leben in den 1960ern und 1970ern in Stuttgart angefühlt hat. Zum Tod des StZ-Fotografen Hans-Peter Feddersen erinnern wir mit Schätzen aus unserem Archiv an einen Großen seines Fachs.

Ob Unwetterkatastrophe 1972, Eröffnung einer Betonburg namens Kleiner Schlossplatz 1968, Hausbesetzung 1971 an der Etzelstraße, Kehrwoche auf der Königstraße oder Redaktionskonferenz der Stuttgarter Zeitung im Tagblatt-Turm – Hans-Peter Feddersen war mit der Kamera immer dabei. Seine Fotos sind Dokumente von Jahrzehnten des Aufbruchs in Stuttgart, aus einer Zeit, als die Weichen für das heutige Stadtleben gelegt wurden.

 

Pressefotografen, so heißt es, sind aufgeweckte Burschen, die in den Pausen zwischen den Ereignissen schlafen. Mit einer Größe von 1,92 Meter war „HPF“, so sein Künstler-Kürzel, so etwas wie ein „Turm in der Brandung“ – so gut wie nichts brachte ihn aus der Ruhe. Selbst in der größten Hektik, zu der es in der Zeitungsarbeit nicht gerade selten kommt, ließ er sein scharfes Auge walten und suchte stets das Besondere, auch im Alltäglichen.

„Autogerecht“ – das war das Wort der 1960er

Zwischen den 1960ern und 1990ern – unterbrochen von seiner mehrjährigen Arbeit für das Magazin „ACE Lenkrad“ in den 1980ern – hat er als „Freier“ Hunderte von Reportagen der Stuttgarter Zeitung bebildert. Als die Digitalzeit anbrach, zog sich der 1939 geborene Spross einer Pfarrerfamilie aus der Pressearbeit zurück, traf sich aber immer noch gern bis kurz vor seinem Tod mit den Kollegen beim Fotografen-Stammtisch.

Der Fotograf Hans-Peter Feddersen wurde 85 Jahre alt. /Feddersen

In jungen Jahren hat Feddersen seine Leidenschaft für die Fotografie entdeckt. „Vielleicht lag das auch ein bisschen in seinen Genen. Der nordfriesische Landschaftsmaler Hans Peter Feddersen gehörte zum Stammbaum des schwäbischen Ablegers der Familie“, sagt sein Schwiegersohn. Der Künstler mit demselben Namen (aber ohne Bindestrich) lebte von 1848 bis 1941.

Als Hans-Peter Feddersen seine Arbeit für die im Tagblatt-Turm angesiedelte Lokalredaktion der StZ begann, lautete das Wort der 60er: „autogerecht“. In der Autostadt, die den wachsenden Wohlstand nicht zuletzt Mercedes und Porsche verdankte, fielen Entscheidungen im Gemeinderat zugunsten der Kraftfahrzeuge aus. Bis vors Rathaus durfte man fahren. Der Marktplatz war ein Parkplatz. Die Motorisierungswelle flutete den Talkessel. Das Kronprinzenpalais, dessen Ruine noch stand, das man also hätte aufbauen können, musste für den Planie-Durchbruch weichen.

Im August 1972 verwandelte ein Unwetter Stuttgart in eine Eiswüste

Tunnelröhren für den Auto- und Straßenbahnverkehr wurden gebohrt und 1968 mit einer Betonplatte überdeckelt. Es entstand der Kleine Schlossplatz, für kurze Zeit der Stolz der Stadt. Feddersen machte kurz nach der Eröffnung ein Foto bei Nacht davon – im Hintergrund sieht man, wie die Königstraße ausgesehen hat, bevor sie zur Fußgängerzone wurde.

Der Fotograf war zur Stelle, als im August 1972 der Himmel über Stuttgart „verrückt spielte“, wie eine Zeitung schrieb. Ein Unwetter verwandelte die Stadt in eine Eiswüste und forderte sechs Todesopfer. Minutenschnell liefen Unterführungen voll. Hans-Peter Feddersen war dabei, als Einsatzkräfte in Schlauchbooten Autofahrer in einer Senke der Hauptstätter Straße retteten.

Sein Gespür für Menschen und Situationen haben „HPF“ zu einem der profiliertesten Pressefotografen seiner Zeit gemacht. Mit seinen Fotos, die Dokumente spannende Jahre von Stuttgart sind, lebt er weiter.