Dinkelfelder mitten in Stuttgart: Der Doktorand Matthias Rapp forscht in Hohenheim zu Urgetreideformen. Foto: Julia Bosch

Die Nachfrage nach den ursprünglichen Getreidesorten wächst, doch so ganz einfach ist das nicht. Bei einem Treffen von Experten in Stuttgart-Hohenheim wurden die zwei Gründe dafür deutlich.

Hohenheim - Schon die Autokennzeichen rund um den Heidfeldhof in Hohenheim am Dienstag haben es verraten: Das Interesse an Emmer, Einkorn, Dinkel und Co. ist groß. Landwirte, Müller und Bäcker aus Ulm, Schwäbisch Hall, Aalen oder Reutlingen haben sich in Hohenheim getroffen, um Neues über Urgetreide zu lernen und mit Forschern der Universität Hohenheim zu diskutieren.

So ganz einfach ist es nämlich nicht mit den alten Sorten – und es gibt einen Grund, warum der Großteil der Backwaren aus Weizen hergestellt wird. „Die Halme von Einkorn und Emmer sind sehr lang. Wenn es stark regnet, knicken die Halme um, liegen auf dem Boden und dann bilden sich schnell Pilze“, erläutert der Hohenheimer Doktorand Matthias Rapp. Aus diesem Grund versuchen die Forscher, Sorten mit kürzeren Halmen zu etablieren.

Der Ertrag bei Weizen ist viel höher

Ein weiteres Problem ist der Ertrag: „Bei Dinkel ist der Ertrag 25 Prozent geringer als bei Weizen, bei Emmer sind es noch mal rund 25 Prozent geringer und bei Einkorn erneut 25 Prozent weniger“, rechnet Matthias Rapp vor. Landwirte aber bauen freilich nur das an, was sich für sie lohnt. Aus diesem Grund testen die Mitarbeiter der Hohenheimer Landessaatzuchtanstalt diverse Getreidesorten und prüfen, welche am ertragreichsten ist und welche die besten Backeigenschaften hat.

Die Nachfrage nach Urgetreide ist ohne Zweifel da. Bernd Kütscher ist Leiter der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim und beschäftigt sich zusätzlich gerne mit Hirnforschung. Er sagt: „Die Menschen ticken sehr emotional und Urgetreide löst viele Emotionen aus. Die alten Sorten wecken eine Sehnsucht nach Heimat und Tradition in dieser zunehmend digitalen Welt, die sich immer schneller zu drehen scheint.“

Ist Urgetreide wirklich gesünder?

Viele Menschen interessieren sich auch deshalb für die ursprünglichen Sorten, weil sie es für gesünder halten als etwa Weizen. „Es gibt bisher kaum zuverlässige Daten, ob Urgetreide tatsächlich gesünder als andere Sorten ist. Aber es bestehen große Unterschiede im Geschmack“, meint Fred Brouns von der Universität in Maastricht.

Die Uni Hohenheim experimentiert bereits seit Ende der 70er Jahre mit Urgetreide. Damals hatten die Mitarbeiter der Landessaatzuchtanstalt jedoch nicht erwartet, dass Dinkel, Emmer und Einkorn eines Tages so im Trend liegen könnten. Um die wachsende Nachfrage zu bedienen, haben die Hohenheimer Forscher auch Felder bei Calw, auf der Schwäbischen Alb sowie in Eckartsweier im Ortenaukreis. „Wir beobachten dort riesige Unterschiede“, sagt Rapp. „Teils entwickelt sich das Getreide je nach Ort um drei Wochen versetzt.“ Noch sind die Forscher auf der Suche nach einer Sorte, die überall gleich gut wächst.