Die angelegten Kräutergärten zwischen den Unterkünften werden von den Flüchtlingen sorgfältig gepflegt Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mitglieder des Freundeskreises Hofener Menschen sammeln Spenden für ihr Flüchtlingsheim. Sie möchten die Außenanlage aufwerten und ein Backhaus bauen.

Stuttgart - Thomas Abdule ist erkältet. Seine Nase läuft, aber das stört ihn nicht weiter. „Ist ja nicht tödlich“, sagt er und lächelt. Thomas wohnt im Flüchtlingsheim in Stuttgart-Hofen. Er ist 19 Jahre alt und vor sechs Monaten aus Gambia geflüchtet, nachdem seine Eltern dort bei einem bewaffneten Konflikt ums Leben kamen. Thomas geht in Stuttgart zur Schule und kann schon etwas Deutsch. „Hier fühle ich mich sicher, das ist das Wichtigste“, sagt er. Im Flüchtlingsheim sei es ruhig und sauber. „Wir werden nicht gestört.“

Die Hofener Anwohner seien erst sehr skeptisch gewesen, als Anfang des Jahres 220 Flüchtlinge in ihre Nachbarschaft zogen, sagt Silvia Marsadek vom Freundeskreis Hofener Menschen (HoMe). „Sie hatten Angst vor Müll und Lärmbelästigung, vor Kriminalität.“ Aber nun sei alles gut geworden, „die Flüchtlinge verhalten sich ruhig, die Anwohner haben sie gut aufgenommen“, sagt Marsadek.

Auch Thomas hatte anfangs Angst vor dem, was auf ihn zukommt. Von Fremdenfeindlichkeit habe er gehört, sie aber selbst zum Glück nie erlebt: „Die Deutschen sind sehr nett und hilfsbereit, sie lieben ihre Mitmenschen.“ Beim Spazierengehen in Hofen hat Thomas sogar deutsche Freunde gefunden. Dreimal in der Woche geht er mit ihnen auf den Fußballplatz.

Ziel ist der lebendige Begegnungsort

Silvia Marsadek gefällt das. Sie möchte die Flüchtlingsunterkunft gemeinsam mit dem Freundeskreis zu einem lebendigen Begegnungsort machen. „Nur durch die Kommunikation zwischen Anwohnern und Flüchtlingen können Ängste abgebaut werden“, sagt sie. Deshalb beteiligt sich Silvia Marsadek gemeinsam mit ihrem Ehemann und Mitgliedern des HoMe sowie der Organisation „Kukuk Kultur“ am Projekt „Viel.Platz.Hofen“. Kukuk ist eine Organisation, die weltweit mit sozial benachteiligten Jugendlichen Spielplätze baut. „Aber das hier wird mehr als ein Spielplatz“, betont Silvia Marsadek. Der Platz hinter den Unterkünften soll zur Begegnungsstätte werden, und vor allem sollen die Flüchtlinge hier eines haben: viel Platz zum Ausleben. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das unmittelbare Umfeld des Flüchtlingsheims aufzuwerten“, sagt Marsadek.

Auf der rund 600 Quadratmeter großen Wiese hinter der Flüchtlingsunterkunft sollen unter anderem ein Volleyballfeld, ein Backhaus und eine kleine Bühne entstehen. Schirmherrin des Projekts ist Brigitte Lösch (Grüne), Vizepräsidentin des Landtags von Baden-Württemberg. „Wir möchten, dass jeder an diesem Projekt aktiv mithelfen kann“, sagt sie. So können die Hofener auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt im November beispielsweise einzelne Steine für das Backhaus kaufen, sie können aber auch ihre Arbeitskraft durch handwerkliche Hilfe einbringen oder Geld spenden.

„Die Flüchtlinge werden auch ihr individuelles Können einsetzen und mithelfen, wo sie können“, so Lösch. Auf diese Weise soll das insgesamt rund 58.000 Euro teure Projekt in den nächsten Jahren realisiert werden. „Wir haben keine Eile, freuen uns aber, wenn es schnell vorangeht“, sagt Brigitte Lösch.

Möhringen hat schon seine Backstube

Bernhard Hanel, Vorsitzender des Vereins Kukuk, hat kürzlich erst eine andere Aktion für und mit Flüchtlingen in Möhringen betreut. Dort steht nun eine Backstube, und die Anwohner können Pizza, Brote und Flammkuchen verkosten. „Natürlich braucht es seine Zeit, bis der Austausch funktioniert und die ersten Anwohner auf das Gelände des Flüchtlingsheims kommen“, sagt Bernhard Hanel. Aber das Projekt in Möhringen sei gut angelaufen.

Thomas Abdule freut sich darüber, dass er bald vor dem Haus Volleyball spielen kann. „In diesem Flüchtlingsheim wohnen besonders viele Familien mit Kindern, die natürlich viel spielen möchten“, sagt Silvia Marsadek. Deshalb wünscht sie sich auch noch ein Baumhaus und eine Kletterwand für das Flüchtlingsheim. „Wir sind zuversichtlich, dass die Hofener unser Vorhaben unterstützen“, sagt sie. Auch Thomas ist zuversichtlich: „Vielleicht lerne ich bald noch mehr coole neue Leute hier kennen“, hofft er und lacht.