Dekan mit politischen Weihnachtsbotschaften: Hermes thematisiert die „Hetze“ gegen das Daimler-Gymnasium, Schwesig rückt die Armut in der Stadt in den Fokus.
Dekan mit politischen Weihnachtsbotschaften: Hermes thematisiert die „Hetze“ gegen das Daimler-Gymnasium, Schwesig rückt die Armut in der Stadt in den Fokus.
Stuttgart - Wahrscheinlich werden die Kirchen an den Feiertagen wieder gut besucht sein. Es sind die Tage, an denen auch die so genannten U-Boot-Christen zum Gottesdienst kommen – plötzlich wieder in der Kirche auftauchen. Sei’s drum. Die beiden Stadtdekane, der katholische Christian Hermes und sein protestantischer Kollege Søren Schwesig, unterscheiden da nicht lange. Bei ihnen ist jeder willkommen.
Alles andere widerspräche der Botschaft, die in der Weihnachtsgeschichte steckt. An Heiligabend wird Hermes in der Domkirche St. Eberhard (16 Uhr) darauf eingehen: In der Weihnachtsgeschichte, so Hermes, könnten die Menschen unterschieden werden. In jene, die sich von Gott bewegen lassen, sich öffnen und aufbrechen. Und jene, die sich verschließen, ungerührt und unberührbar bleiben. Gott könne bei den Herbergswirten, bei Herodes und seinen Hoftheologen gar nicht ankommen, weil sie sich in ihren politischen oder religiösen Schutzräumen eingebunkert hätten.
Natürlich knüpft Hermes damit auch an aktuelle Diskussionen in Stuttgart an. Ob Gott bei uns ankommen könne, sei auch daran abzulesen, ob die Flüchtlinge, die nach Stuttgart kommen, Ob Gott bei uns eine offene Tür und Hilfsbereitschaft fänden oder auf Fremdenfeindlichkeit, Ablehnung und Vorurteile stießen.
Ebenso erfüllt es den katholischen Stadtdekan mit Sorge, „welch ekelhafter Ausbruch von Ressentiments und Hetze“ dem Gottlieb-Daimler-Gymnasium entgegengeschlagen sei. Nur weil dort nach einem Weg gesucht wurde, das christliche Weihnachten in einer multireligiösen und multikulturellen Schülerschaft zu begehen. „Wer will sich auf Jesus Christus berufen und sich als falscher Verehrer und verlogener Verteidiger entlarven lassen?“, fragt Christian Hermes .
Auch sein evangelischer Kollege wird an Heiligabend in der Gedächtniskirche (17.30 Uhr) ein lokales Thema aufgreifen: die Armut in der Stadt. „Manchmal wünsche ich mir, dass Gottes Liebe anders aussähe“, sagt Schwesig, „nämlich so, dass die Arbeit der Mitarbeitenden in den diakonischen Einrichtungen in Stuttgart nicht nötig wäre: Weil es in unserer Stadt keine Armen mehr gibt. Und keine Frauen, die ihren Körper verkaufen müssen. Oder Menschen, die sich verloren haben an Drogen oder Alkohol.“
Landesbischof Otfried Julis Predigt am ersten Feiertag (10 Uhr) in der Stiftskirche ist gleichzeitig als eine Anti-Furcht- und Anti-Angst-Botschaft zu verstehen. Was so viel heißt wie: Das Kind im Stall von Bethlehem schenkt uns Leben inmitten der Ängste, in denen wir uns befinden. Der Engel sieht unsere Angst, aber sie soll nicht mehr Furcht und Schrecken verbreiten. Darum spricht er mitten in unsere angstvolle Wirklichkeit hinein: „Fürchtet euch nicht!“
Buntes Programm an den Feiertagen
Die Katholiken feiern um 21.45 Uhr die Christmette mit Dompfarrer Christian Hermes in St. Eberhard (Königstraße 7).
Alle evangelischen und katholischen Gottesdienste findet man im Internet unter www.stuttgart.de/gottesdienste