Rolf Frankenberger sprach bei der Gesellschaft für Dialog im Feuerbacher Bürgerhaus über das Thema Populismus. Foto: Georg Linsenmann

Die zur Gülen-Bewegung gehörende Gesellschaft für Dialog veranstaltete im Bürgerhaus Stuttgart-Feuerbach einen Abend zum Thema Populismus.

Feuerbach - Das Thema Extremismus und Populismus brennt der Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg (GDF) unter den Nägeln: „Wir lieben dieses Zuhause, wir lieben die Demokratie. Aber wir können nicht ausblenden, was in der Türkei passiert“, erklärte Osman Yildiz, zweiter Vorsitzender, zur Begrüßung, wobei er offenlegte, dass die GDF zur Gülen-Bewegung in Stuttgart gehöre. Ein heißes Eisen, weil deren geistliches Oberhaupt, Fethullah Gülen, vom türkischen Staatspräsidenten für den Putschversuch im Sommer 2016 verantwortlich gemacht wird.

Yildiz wies das zurück und betonte: „Wir lassen uns ganz einfach von seinen Botschaften inspirieren: Bildet Euch, seid gesetzestreu, seid menschlich! Und diese Botschaft ist universell.“ Das Gebot des Dialoges gelte „jetzt erst recht“, was schon der frisch gewählte Vorsitzende Salih Colak in den Vordergrund gestellt hatte: „Egal welche Meinung oder Religion Menschen haben, wir sollten miteinander im Dialog sein. Ohne Dialog ist ein friedliches Zusammenleben kaum möglich.“

Demokratie weltweit gefährdet

Eine Aussage, auf die schließlich auch Rolf Frankenberger vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen mit seinem Vortrag über „Populismus und Extremismus“ zusteuerte, wobei er auch in seinem Dienstherrn einen aufmerksamen Zuhörer hatte: Weil die GDF das „Abrahamitische Symposium Tübingen“ in Kooperation mit der dortigen Universität gestaltet, war im Bürgerhaus auch Rektor Professor Bernd Engler unter den Gästen. Frankenberger holte in seinem „Impuls-Referat“ weit aus und beschrieb zunächst in einer Art „Vogelflug“, wie „die Demokratie in Deutschland und der Welt durch Rechtsextremismus gefährdet ist“. Was er etwa mit Grafiken zum Demokratie-Index belegte, wonach in den letzten zwei Jahrzehnten 67 Staaten eine Verschlechterung aufweisen. Und in Europa seien „fast flächendeckend Rechtsextreme in Parlamenten“, 80 auch im EU-Parlament. Für die Bundestagswahl im September rechnet Frankenberger mit „mindestens acht bis neun Prozent“ AfD-Mandaten.

Charakteristisch für rechtsextreme Populisten sei der Angriff auf „Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit“. Die radikalen Kräfte arbeiteten an der „Herstellung von Unterschied und Ausgrenzung“, stellten „Pluralismus, Meinungsfreiheit und die repräsentative Demokratie infrage“ und beanspruchten, „im Namen des Volkswillens“ zu sprechen. Im „festen Weltbild der Rechtspopulisten“ habe das „Motiv der Ausländerfeindlichkeit das höchste Aktivierungspotenzial“. Hier zog der Referent „eine klare Grenze der Diskussionsbereitschaft: Wenn Minderheiten ihrer Rechte beraubt werden, denn Pluralismus lebt von Toleranz und gegenseitiger Anerkennung“.

Die Lösung: Gerechtigkeit und Bildung

„Gezielt Globalisierungs- und Abstiegsängste zu schüren“, sei eine zentrale Strategie der Extremisten: „Lösungen habe ich aber in den Programmen keine gefunden“, stellte Frankenberger fest. Gleichwohl sei es geboten, „Ängste ernst zu nehmen, mit den Menschen zu sprechen und zu fragen, wo sie hin wollen“. Dann seien auch „viele zugänglich für Dialog“. Gefährlich sei „das Phänomen einer sich radikalisierenden Minderheit und politisch motivierter Kriminalität“: „Im Schnitt drei Taten am Tag. Das ist enorm.“ Ausgehend von den Ursachen, nannte Frankenberger zwei „Ansätze, um die Demokratie zu stärken: Soziale Gerechtigkeit, das ist der Schüssel. Und politische Bildung.“ Wichtig sei aber auch, sich „nicht wegzuducken und Stellung zu beziehen“. Der Referent schloss: „Die Botschaft heißt: Wir müssen uns umeinander kümmern.“