Historiker Joachim Arendt, Bezirksvorsteherin Andrea Klöber, Handwerksmeister Uli Bott und der Sohn des Künstlers, Maximilian Imkamp, (v.l.) vor der Erinnerungstafel. Foto: Georg Friedel

Vor dem einstigen Atelierhaus des Malers Wilhelm Imkamp erinnert nun eine Tafel an seine Arbeit und den Ort seines Schaffens. Imkamp zählt zu den führenden Vertretern der klassischen Moderne. Er studierte am Bauhaus in Dessau und lebte fast 40 Jahre in Feuerbach.

Feuerbach/Killesberg - Eigentlich hatte der Historiker und Ingenieur Joachim Arendt sein Projekt bereits im Oktober 2015 abgeschlossen. Rund 75 durch Spenden finanzierte Plexiglas-Tafeln hatte er zu dieser Zeit mit Hilfe von Handwerksmeister Ulrich Bott an Gebäuden oder anderen Objekten anbringen lassen. Sie weisen auf die jeweilige Historie und Bedeutung von Feuerbacher Objekten und auch von bedeutenden Persönlichkeiten hin. Entstanden ist auf diese Weise und durch diese ehrenamtliche Initiative ein „Begehbares Feuerbacher Gedächtnis“. Im Internet-Portal www.feuerbach.de sind die detailreich recherchierten Geschichten nachzulesen.

Aber irgendwie wurde dabei eine wichtige Persönlichkeit aus Feuerbach vergessen – der Maler Wilhelm Imkamp. Als Bezirksvorsteherin Andrea Klöber vor mehr als einem Jahr Arendt darauf hinwies und ihm gleichzeitig einen Brief des Sohnes und Nachkommen des Künstlers überreichte, ließ sich der Historiker nicht lange bitten. Er legte nach und bat den Bezirksbeirat, um eine Spende für eine weitere Tafel. Das Geld für die Tafel wurde auch, ohne lange zu debattieren, gewährt.

Und so geschah es nun, dass doch noch dem sowohl in Europa wie in den USA bekannten Künstler eine späte Ehre aus den Reihen des Stadtbezirks zuteil wurde. An diesem Mittwochnachmittag wurde nach längerer Vorlaufzeit im Beisein von Arendt, mehrerer Bezirksbeiräte und Bezirksvorsteherin Andrea Klöber die Tafel von Uli Bott am Imkamp’schen Haus angebracht.

Neben einem kurzen Text ist auf der Tafel auch Wilhelm Imkamp bei der Herstellung eines seiner Kunstwerke im eigenen Atelier am Baumeisterweg zu sehen. Andrea Klöber berichtete, sie selbst sei bereits in jungen Jahren bei einer ihrer ersten beruflichen Stationen auf das Werk Wilhelm Imkamps aufmerksam geworden. Vor mehr als 30 Jahren habe sie beim Böblinger Kulturamt die Ausstellung „Die Kunst des Südwestens“ vorbereitet und mitorganisiert. Dort sei sie auch auf das Werk des Bauhaus-Malers gestoßen: Dass er mehrere Jahrzehnte in Feuerbach gelebt habe, sei ihr nicht bewusst gewesen. „Wir sollten daher Wilhelm Imkamp noch mehr als bisher zu einem Feuerbacher machen“, sagte Klöber.

Bei Klee und Kandinsky studiert

Der Sohn des Künstlers, Maximilian Imkamp, der Kunsterzieher und Leiter der Schwerpunkt-Galerie am Leibniz-Gymnasium war, bat danach ins Imkamp’sche Elternhaus und stellte dort den Anwesenden das Leben und Werk seines Vaters sehr detailreich vor: Wilhelm Imkamp zählt zu den führenden Vertretern der klassischen Moderne. Seine Vorliebe galt stets der abstrakten Malerei. Er studierte von 1926 bis 1929 am Bauhaus in Dessau. Paul Klee und Wassily Kandinsky gehörten zu seinen Lehrmeistern. „Kandinsky hat er verehrt“, berichtete sein Sohn. Sein Werk hat ihn maßgeblich beeinflusst. Klee sei ein sehr stiller Zeitgenosse gewesen: Er habe statt zu dozieren, lieber seine Geige geholt und vor den Studenten musiziert.

Das Talent war ihm in die Wiege gelegt

Wilhelm Imkamp war sein Talent offenbar in die Wiege gelegt. „Schon als Bübchen mit sechs Jahren hat er Postkarten gemalt, die er verkauft hat. Mein Vater musste schon früh für meine Großmutter sorgen, weil mein Großvater, der ein Maler- und Glasergeschäft betrieb, sehr früh verstarb“, erzählte Maximilian Imkamp. Schon zu Schulzeiten besuchte er Kunstkurse und lernte Akt-, Porträt – und Landschaftsmalerei. Sein Zeichenlehrer Leo Burgholz in Münster riet ihm: „Geh nach Dessau auf die Bauhausschule.“ Seitdem galt Imkamps Liebe der abstrakten Malerei.

In der NS-Zeit durfte er nicht abstrakt malen – tat es aber dennoch

Doch als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, durfte er nicht mehr abstrakt malen. Er tat es dennoch – und versteckte seine Bilder in einem Geheimfach im Schrank. Sein Geld verdiente er in dieser Zeit mit Porträt- und Landschaftsmalerei: „Das hat er immer nur als Broterwerb gesehen“, erzählte sein Sohn. 1939 heiratete er. Noch im selben Jahr musste er zur Luftwaffenbaukompanie nach Norddeutschland, später kam er nach Frankreich. Doch auch beim Militär wird sein Talent schnell erkannt. Er bietet höher gestellten Soldaten an, dass er sie porträtiert. Die Malerei bewahrte ihn letztendlich auch davor, die Waffe in die Hand nehmen zu müssen.

Nach dem Krieg malt er nicht mehr naturalistisch

„Ab 1945 malte er dann aber keine naturalistischen Bilder mehr“, sagte sein Sohn. Sein Vater sei unendlich fleißig gewesen. Viele Menschen haben die Vorstellung, dass ein Künstler wie ein Bohemien lebt. Quasi ein Leben zwischen Muse und Müßiggang. Doch der Imkamp’sche Künstlerhaushalt funktioniert völlig anders. Streng strukturierte Tagesabläufe bestimmten den Alltag: Morgens um 9 Uhr ging er eine halbe Stunde mit dem Hund spazieren, danach arbeitete er bis nachts um 1 oder 2 Uhr im Atelier – nur unterbrochen von Essenspausen und einem Mittagschlaf. So ging das tagein und tagaus. Auch an Feiertagen und Sonntagen stand Wilhelm Imkamp stets im Atelier.

In Feuerbach findet er ein neues Zuhause

Nach Kriegsende zog er mit seiner Frau in die aufstrebende Kunststadt Stuttgart: In der Feuerbacher Langhansstraße fand er 1952 ein Grundstück und bebaute es. Doch für die inzwischen vierköpfige Familie erwies sich das Häuschen in der „Starenkästen-Siedlung“ als viel zu klein. Also kaufte Imkamp Anfang der 1960er Jahre ein Grundstück auf dem Killesberg und baute dort ein Haus, in dem er bis zu seinem Tode 1990 wohnte. Dass der Weg später nach Willi Baumeister benannt wurde, nimmt er mit Humor: „Macht euch keine Sorgen, das dauert nicht lange, dann wird das hier die Imkamp-Allee“, scherzte er gern.