Am Mittwoch sind die ersten Bewohner in ihr neues Heim eingezogen. Ihre Habseligkeiten sind in den blauen Säcken verstaut. Foto:  

Der Umzug aus der Notunterkunft an der Borsigstraße wird an diesem Freitag beendet sein. Danach steht das ehemalige Hahn-und-Kolb-Gebäude wieder leer.

Stuttgart-Feuerbach - Es ist Mittwoch, 10 Uhr: Bergeweise blaue Säcke liegen vor den drei neuen Flüchtlingsunterkünften an der Wiener Straße. Darin befinden sich ihre Matratzen und Habseligkeiten. Die künftigen Bewohner sitzen in der Sonne, haben sich einen Schattenplatz gesucht und warten geduldig auf den Einzug in ihr neues Zuhause. Andere wiederum sind schon einen Schritt weiter und haben bereits das etwas mehr als 14 Quadratmeter große Dreibett-Zimmer bezogen.

Mehr als 100 Menschen, die vor allem aus Syrien, dem Irak und aus Afghanistan stammen, ziehen an diesem Tag ein. In den vergangenen Monaten waren sie in der Notunterkunft an der Borsigstraße untergebracht – mit etwa 300 anderen Flüchtlingen. Zimmer gab es dort keine. Die einzelnen Bereiche waren nur mit einem Bauzaun und einer Plane voneinander getrennt.

„Ich glaube, den Menschen gefällt es an der Wiener Straße“, sagt der Sprecher des Freundeskreises Flüchtlinge Feuerbach (FFF), Wolf-Dieter Dorn. Die Voraussetzungen, sich rundum wohlfühlen zu können, sind auf jeden Fall sehr gut. „Die Bewohner kennen sich schon von der Borsigstraße. Und sie konnten im Vorfeld sagen, mit wem sie in ein Zimmer wollen“, sagt Florian Krauter, einer der Mitarbeiter beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), der sich vor Ort um die Flüchtlinge kümmert. Und auch seine Kollegin Julia Knab ist guter Dinge: „Der erste Eindruck war wirklich gut.“ Probleme habe es am ersten Tag eigentlich keine gegeben. Zudem hätten sich aus der näheren Umgebung schon die Sportvereinigung Feuerbach, das Tanzsportzentrum und der Jugendtreff Camp gemeldet, um Kooperationen mit dem DRK und den Bewohnern einzugehen.

Zusätzlich wird der FFF ab Mitte/Ende August gemeinsam mit dem Jugendtreff ein weiteres Angebot starten. Jeden Mittwoch soll es im Camp ein Café geben – für Ehrenamtliche, Flüchtlinge und Anwohner, quasi als Anlaufstation. „Das ist eine tolle Sache“, sagt Wolf-Dieter Dorn. Und auch andere Angebote, wie Sprachkurse, sollen an der Wiener Straße stattfinden. Allerdings sucht der FFF noch Ehrenamtliche, die sich an der Wiener Straße engagieren wollen. „Wir haben zwar schon Anfragen aus der Nachbarschaft erhalten. Ob sich aber alle, die sich gemeldet haben, einbringen werden und in welcher Form, wird man noch sehen. Aber wir freuen uns natürlich über jeden, der mithilft und seine Ideen einbringt“, betont Dorn. „Ich habe auf jeden Fall ein gutes Bauchgefühl.“

Internet- und Telefonanschlüsse lassen an der Wiener Straße noch auf sich warten

An diesem Freitag werden noch einmal etwa 80 Flüchtlinge von der Borsig- an die Wiener Straße ziehen. Das soll es dann erst einmal gewesen sein. Etwa 200 der insgesamt 243 Plätze sind dann in den neuen Unterkünften am Sportpark belegt. Dagegen gehen an der Borsigstraße mit dem Umzug am Freitag die Lichter aus. Das ehemalige Gebäude der Firma Hahn & Kolb steht dann wieder leer. Seit Dezember lebten dort teilweise bis zu 400 Menschen, die vom Malteser Hilfsdienst betreut wurden. „Das Team der Malteser blickt auf arbeitsintensive, aber schöne Monate mit bewegenden Momenten zurück“, sagt Marja Rothenhöfer von den Maltesern. „Bewohner, die stolz ihre ersten deutschen Sätze sprechen und in einer zunächst völlig fremden Umgebung eine neue Heimat finden. Kinder, die Vorbereitungsklassen an den umliegenden Schulen besuchen und sich zunehmend an ihre neue Situation gewöhnen.“

Nun ist diese Zeit vorbei. „Bereits Mitte Juni konnten 50 Bewohner an den Containerstandort Rote Wand an die Landenbergerstraße nach Stuttgart-Nord ziehen“, sagt der Leiter des Sozialamtes, Stefan Spatz, auf Nachfrage. „Ferner konnten wir weitere Bewohner mit gesundheitlichen Handicaps sogar noch in angemieteten Wohnungen unterbringen.“ Die anderen Flüchtlinge seien auf vereinzelte Plätze in verschiedenen anderen Unterkünften verteilt worden. Für den Umzug hat das Sozialamt eine Spedition beauftragt, die das Gepäck und die Matratzen abholt und in die neue Unterkunft bringt. „Die Bewohner begeben sich dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin – höchstens sie sind dazu nicht in der Lage“, sagt Spatz. Wolf-Dieter Dorn vom FFF findet nur lobende Worte für die Organisation des Umzugs: „Das hat am Mittwoch alles super geklappt.“

Einziger Wermutstropfen an der Wiener Straße ist derzeit, dass es wie in anderen neuen Systembauten auch für die Sozialarbeiter noch keinen Internet -und Telefonanschluss gibt. „Die Anschlüsse sind wie in allen anderen fertigen Neubauten bereits seit langem bestellt. Aber die Telekom schafft es trotz ungezählter Anrufe und Erinnerungen nicht, zum Betriebsstart eine Freischaltung hinzubekommen“, ärgert sich Stefan Spatz.