Dass die Theodor-Heuss-Straße von diesem Samstag an für eine Woche zur Sperrzone wird, trifft auch einige Händler hart. Foto: Leif Piechowski

Eine Handvoll Geschäfte in der Innenstadt will am Vorabend zum Feiertag der deutschen Einheit bis 23 Uhr öffnen. Doch nicht alle Händler können die Gunst der Stunde nutzen. Sie sind durch die Sperrung der Theodor-Heuss-Straße abgehängt.

Stuttgart - Zwischen Andrang und Abseits: Das zweitägige Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit trennt den Einzelhandel in Gewinner und Verlierer. Dass die Theodor-Heuss-Straße jetzt für eine Woche zur Sperrzone geworden ist, trifft auch einige Händler hart. Derweil verkündet die City-Initiative Stuttgart (CIS), der 400 Mitglieder aus Einzelhandel, Gastronomie und Kultur angehören, dass Geschäfte der Stuttgarter City am 2. Oktober ihre Pforten bis 23 Uhr öffnen wollen. Ein Beitrag „zu einer hellen, erleuchteten und offenen Stadt“, so Citymanagerin Bettina Fuchs.

Andere stehen eher im Schatten: Winfried Herr, Inhaber des Geschäfts Früchteparadies am Rotebühlplatz, fürchtet angesichts des eingeschränkten Lieferverkehrs um die Kühlkette seiner Ware: „Wenn das nicht gekühlt wird, kann ich die Ware gleich in den Neckar werfen“, fürchtet Herr. Ihm bleibe nichts anderes übrig, als die kommende Woche wie jede andere anzugehen – „obwohl ich sehe, dass da Probleme kommen werden“.

Zähneknirschend nimmt auch der Geschäftsführer der Bastlerzentrale in der Langen/Firnhaberstraße die Sperrzone zur Kenntnis: „Wir hoffen, dass sich die Kunden hier irgendwie durchschlagen“, sagt Ingo Tannert. Dabei habe man erst kürzlich eine mehrmonatige Baustelle vor dem Haus gehabt und die Parkplätze vor dem Laden verloren. „Offenbar sind Autofahrer in der Stadt nicht erwünscht“, klagt Tannert. Bei Pelz Petras ist man überrascht von der einwöchigen Sperrung: „Ich dachte, das wäre nur am Donnerstag“, so Petras. Die Mitarbeiterin im Teeladen in der Calwer Passage klagt: „Fürs Geschäft ist das furchtbar.“

„Zigarren werden immer gekauft“

Immerhin habe man sich bemüht, umfassend zu informieren und individuelle Lösungen zu finden, sagt Bernd Engelhardt, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Stuttgart. Der IHK seien zwei Beschwerden zugetragen worden, „das hielt sich also in Grenzen“. Christoph Hoffarth vom Pfeifenarchiv in der Calwer Passage glaubt, dass seine Stammkunden auch so kommen: „Zigarren werden immer gekauft.“ Torsten Pühnt vom Antiquariat Müller und Gräff in der Calwer Straße ist bekennender Autoverweigerer und sagt: „Es gibt Schlimmeres auf der Welt als eine gesperrte Straße.“ Linda Voigt von Kuhn Maßkonfektion am Rotebühlplatz bleibt wegen der geänderten Verkehrsführung gelassen: „Ich denke, dass die Kunden das in der Zeitung lesen.“

Das Musikhaus Piano-Fischer, in der Sperrzone Theodor-Heuss-Straße gelegen, reagiert mit einem Klavierkonzert am Nachmittag: „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht“, sagt Eva-Maria Fischer. Man habe Lieferungen wegen der Einschränkungen „so hin und her terminieren müssen, dass sie möglichst nicht in der Woche liegen“.

Auf mehr Umsatz hoffen Geschäfte rund um den Schlossplatz, einem Zentrum des zweitägigen Bürgerfests. Für den 2. Oktober kündigte die City-Initiative Sonderaktionen und verlängerte Öffnungszeiten bis 23 Uhr bei Karstadt, in den Königsbau-Passagen, bei Maercklin C.F. Braun, bei Conrad Electronic und Yeans Halle an.

Für Heinz Reinboth von der Interessengemeinschaft Königstraße ist die Zahl der teilnehmenden Geschäfte allerdings „viel zu wenig“. Wann gebe es denn schon mal eine zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit in der Innenstadt mit erwarteten 400 000 Besuchern? „Der Handel muss eine solche Chance doch viel mehr nutzen“, fordert er. Die Kirche hat es offenbar erkannt: Das Haus der Katholischen Kirche hat am 2. und 3. Oktober geöffnet – mit Ausstellungen und entspannenden Massagen.

Darum geht es: Ab Sonntag sind die Theodor-Heuss-Straße und der Rotebühlplatz voll gesperrt. Am Montag ist Anlieger- und Lieferverkehr auf einer Spur möglich. Am 2. und 3. Oktober ist auch der Planietunnel voll gesperrt.