Regiorad-Station am Bahnhof in Bernhausen: Derzeit ist hier Platz für zehn Leihräder. Foto: Caroline Holowiecki

Stuttgart will künftig beim Radverleih auf private Träger setzen, die das Ganze eigenwirtschaftlich betreiben. Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen positionieren sich unterschiedlich.

Stuttgart steigt ab – und entscheidet sich gegen Regiorad Stuttgart, das seit 2018 bestehende interkommunale Fahrrad-Leihsystem in der Region. Die blauen Räder können derzeit noch an 240 Stationen in 34 Kommunen entliehen und zurückgegeben werden. Der aktuelle Vertrag mit der DB-Tochter Deutsche Bahn Connect läuft noch bis Ende 2026, Stuttgart will aber keinen neuen öffentlichen Dienstleistungsauftrag ausschreiben, bei dem die Kommunen für den Abmangel des Verleihsystems aufkommen. Die Hauptgründe sind die sinkende Nachfrage – von 128 160 Ausleihen 2019 auf 73 239 im vergangenen Jahr – und der hohe Subventionsbedarf.

 

Allein die Landeshauptstadt bezuschusst Regiorad momentan mit jährlich 850 000 Euro. Das will die Stadt so nicht fortsetzen und das Leihsystem deshalb für private Träger ausschreiben, die das Ganze von 2027 an eigenwirtschaftlich betreiben sollen.

Jährlicher Zuschuss von 850 000 Euro

Von den einst 50 Regiorad-Kommunen sind 20 schon ausgestiegen, und auch in Filderstadt gibt es entsprechende Gedanken. Derzeit stehen zehn Räder am Bahnhof in Bernhausen, doch „tatsächlich sind wir in der Vorbereitung, das Thema in einer der nächsten Sitzungen des Technischen Ausschusses einzubringen“, sagt Falk-Udo Beck, der Erste Bürgermeister. Auch Filderstadt befinde sich „in der kritischen Prüfung“, da die Nutzerzahlen rückläufig seien. Der kommunale Zuschuss liege im Schnitt bei 50 Euro und mehr pro Leihvorgang, sagt er und betont: Man stehe dazu, den Radverkehr fördern zu wollen, aber „die Frage ist, ob Regiorad ganz konkret das Richtige ist“.

Die SPD-Fraktion hat bereits einen Antrag formuliert, wonach sich die Stadtverwaltung zügig mit dem Thema Regiorad auseinandersetzen soll. „Die Planungsaufträge für das neue Parkhaus mit Mobilitätshub und Ausleihstation für Fahrräder sind zu korrigieren und der neuen Sachlage anzupassen“, heißt es unter anderem, zudem seien Verträge mit Regiorad „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ zu kündigen.

Für die Ausgestaltung des neuen Bernhäuser Parkhauses läuft zur Zeit ein Architektenwettbewerb. In den Neubau soll auch ein Mobilitätshub, also eine Verkehrsdrehscheibe, integriert werden. Auf das Projekt hat das Ganze laut Falk-Udo Beck aber keine Auswirkungen. Zwar seien in den Auslobungsunterlagen 75 Quadratmetern für einen öffentlichen Fahrradverleih vorgesehen, aber hier sei kein konkreter Anbieter benannt. „Die Fläche können wir auch anders bespielen.“

Leinfelden-Echterdingen will an Regiorad festhalten

Im benachbarten Leinfelden-Echterdingen will man zunächst an Regiorad festhalten. Benjamin Dihm, der Erste Bürgermeister, erklärt, dass man im engen Austausch mit der Landeshauptstadt und anderen Kommunen sei, wie es nach dem Ende 2026 auslaufenden Vertrag mit dem aktuellen Dienstleister DB Connect weitergehe. „Ein vorzeitiger Ausstieg ist nicht geplant“, betont er. Leinfelden-Echterdingen hat auf alle Ortsteile verteilt sieben Stationen. „Diese sind ein wichtiger Bestandteil der Mobilitätspunkte und des flexiblen, multimodalen Mobilitätsangebots in der Stadt“, sagt Benjamin Dihm. Er bekennt, dass das System insgesamt hinter den Erwartung zurückbleibt und einen hohen Zuschussbedarf hat, derzeit rund 70 000 Euro pro Jahr. Die Zahlen der Ausleihen sowie der registrierten Nutzerinnen nund Nutzer seien im Vergleich zu anderen Kommunen jedoch gut.

Darum will Leinfelden-Echterdingen Teil eines interkommunalen Verleihsystem bleiben, „sofern dieses eigenwirtschaftlich und ohne kommunale Zuschüsse betrieben wird“. Daher unterstütze man das Stuttgarter Vorgehen. Zudem wolle man die Landeshauptstadt zu gegebener Zeit mit einem straßenrechtlichen Auswahlverfahren auch für Leinfelden-Echterdingen betrauen.