Peter Kurtenacker findet die Baustelle an der Löwenstraße nicht sicher. Foto: Tilman Baur

An der Löwenstraße in Stuttgart-Degerloch wird an den Leitungen gearbeitet. Die Anwohner haben nichts gegen die Bauarbeiten als solche. Aber sie beäugen die Baustelle kritisch. Und das aus mehreren Gründen.

Degerloch - Die Haustür öffnet Gertrud Bernhardt in nächster Zeit nur noch ganz langsam. Die Degerlocherin steht an einem heiteren Herbstnachmittag vor einem Mehrfamilienhaus an der Löwenstraße und trägt ihr Enkelkind auf dem Arm. Nur zwei Schritte weiter klafft ein riesiges Loch in der Straße, ein Absperrgitter drumherum. Auf der völlig versperrten Straße verteilt liegen Bauschutt, Kies, lose Baggerschaufeln und Stahlplatten. Seit einigen Tagen sind Kanalarbeiten an der Löwenstraße im Gange, direkt an der Kreuzung zur Erwin-Bälz-Straße. Das Tiefbauamt erneuert im ganzen Viertel Gas- und Wasserleitungen sowie die Hauptleitung des Abwasserkanals. Diese Baustelle wandert in den nächsten Monaten im ganzen Block herum.

Fahrradfahrer mit Affenzahn unterwegs

Die Baustelle selbst ist es aber nicht, die Gertrud Bernhardt vorsichtig werden lässt, wenn sie ihr Haus verlassen will. Sorgen machen ihr die Radfahrer. Seit die Baustelle da ist, fahren die mit einem Affenzahn auf dem Bürgersteig direkt vor der Haustür entlang, erzählt sie. „Dabei ist extra ausgeschildert, dass sie hier nicht fahren dürfen“, sagt Bernhardt. Die Schilder fordern die Radler dazu auf, auf die parallel laufende Haidlenstraße auszuweichen. Auch andere Zweiräder kürzen illegal ab: Mopeds. „Eins ist hier nur knapp an meiner Tochter vorbeigefahren, und die ist hochschwanger“, so Bernhardt. Ihre Tochter Melanie Krogmann kommt gerade aus der Wohnung und bestätigt den Vorfall. „Ich habe dem Fahrer noch hinterhergerufen“, sagt sie. Einsicht oder wenigstens ein schlechtes Gewissen habe er aber nicht gezeigt. Der Fahrer habe es bei einem Schulterzucken belassen. „Ich habe auch schon viele Fahrradfahrer angesprochen. Die denken aber, es ist ihr gutes Recht, hier entlangzufahren.“

Daraufhin habe sie der Stadt eine „Gelbe Karte“ ausgestellt. Das ist ein Beschwerdeinstrument, mit dem Bürger die Stuttgarter Stadtverwaltung auf Missstände hinweisen können. Eine „Bla-Bla-Antwort“ hätte sie erhalten, ergänzt Mutter Gertrud Bernhardt die Erzählung der Tochter.

Immerhin sei die Parkplatzsituation besser als erwartet. In den Nebenstraßen fände sich meist noch ein Stellplatz. Grundsätzlich sei das mit der Baustelle ja auch okay. Der Baulärm halte sich in Grenzen, die Arbeiten hörten abends pünktlich auf. So sieht es auch Peter Kurtenacker, der in der Zwischenzeit zur Anwohnerrunde gestoßen ist. Der 60-jährige Bautechniker findet es gut und richtig, was die Stadt macht. Am „wie“ jedoch kritisiert er einiges. Sicher sei die Sache nämlich nicht, sagt der Degerlocher. Nicht für die vielen Kinder, die täglich dicht an dem Bauloch in Richtung des evangelischen Kindergartens an der Erwin-Bälz-Straße liefen.

Und auch für die Bauarbeiter selbst sei die Baustelle eine unsichere Angelegenheit, befindet Kurtenacker. Denn an einer Seite der Baustelle trete das Erdreich offen zutage, ohne dass es, wie an den drei anderen Seiten, durch eine Stahlverschalung abgesichert wäre. Das sei jedoch Vorschrift, weiß er. „Wenn hier schwere Lastwagen vorbeifahren, kann es gut sein, dass die Erde sich durch den Druck verschiebt“, sagt er. Für die Bauarbeiter könne dies lebensgefährlich sein, glaubt Kurtenacker. Er für seinen Teil will die Sache im Auge behalten – schließlich hätten die Bauarbeiten an der Straße ja gerade erst begonnen.