Auch für ein Glas Wein im Lokal gilt künftig eine Bonpflicht. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Vom 1. Januar an gilt das neue Kassengesetz. Doch nicht nur Bäckern und Friseuren ist dies ein Dorn im Auge, auch einige Gastronomen sehen Probleme.

Stuttgart - Das neue Kassengesetz verpflichtet dazu, für jede Bezahlung – egal ob im Club, Festzelt oder im Café um die Ecke – einen Kassenzettel auszugeben. Der Grund ist der „Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, erklärt das Bundesfinanzministerium. Die Reaktionen der Stuttgarter Gastronomen reichen von Verständnis bis zu völliger Ablehnung.

Die Festzelte

„Für uns ist das komplett unmachbar.“ Bevor das Kassengesetz überhaupt in Kraft getreten ist, weiß Karl Maier schon, dass die Zeltwirte auf dem Wasen sich daran nicht werden halten können. Zu kompliziert sei das System aus Wertmarken, Bezahlungen im Voraus und direkten Bezahlungen beim Kellner. „Es wäre unmöglich, da für jede Person einen Bon auszustellen“, sagt der Wirt des Göckelesmaier-Zeltes. Die Wirte des Volksfestes hätten sich ausgetauscht und auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Für die Feste auf dem Wasen soll es eine Möglichkeit zur Befreiung geben. „Bisher haben wir aber noch zu wenig Infos darüber“, so Maier. Dennoch haben sie gemeinsam mit einem Steuerbüro ein Schreiben vorbereitet, das die Befreiung ermöglichen soll. Bisher werden alle Zahlungen, die auf dem Volksfest getätigt werden und im Voraus online eingehen, erfasst. „Unsere Umsätze sind komplett transparent“, versichert Maier. Damit habe das neue Gesetz sowieso keine Relevanz für die Wasen-Zelte. Aus Gründen des Umweltschutzes sei das Gesetz verheerend.

Das Gasthaus

Für Uta Wagner war das Gesetz keine Überraschung. „Lange hat man ja gehofft, die Einführung wird aufgeschoben und versandet irgendwann“, erzählt sie. Bereits 2016 hat das Finanzministerium das Kassengesetz verabschiedet. Komplett durchgesetzt wird es aber erst von 2020 an. Jetzt, wo es so weit ist, stellt es Wagner vor neue Probleme. Sie bewirtet in vierter Generation mit ihren Geschwistern den Ochsen in Uhlbach. „Und wenn dort jetzt mal die Feuerwehr im Biergarten sitzt und alle bezahlen wollen, kriegen wir ein Problem.“ Jeder Gast müsse künftig einen eigenen Kassenzettel bekommen, und das könne sich in die Länge ziehen. Um den Weg vom Kassensystem in den Biergarten fünfzigmal zurückzulegen, brauche man sicher eine halbe Stunde, schätzt Uta Wagner.

„Bisher sind wir einfach mit einem Zettel raus und haben abgestrichen“, erzählt die Wirtin. Für die Zukunft hat sie noch keine neue Lösung. Zwar hat der Ochsen eine moderne Bonkasse, aber die ist nicht mobil. „Vermutlich werden die Vereine dann lieber in ein Bürgerhaus sitzen als in ein Wirtshaus, wenn das künftig so kompliziert wird“, befürchtet Wagner. Sie versteht den Ochsen als Traditionsgaststätte – „und irgendwie haben wir damit auch einen öffentlichen Auftrag“. Aktuell seien sie nicht bereit, viel zu investieren; solche Gesetze seien deshalb große Hindernisse für die gelebte Wirtshauskultur. Rund 50 größere Gruppen konnte Wagner bisher jährlich begrüßen. Wie diese in Zukunft abgerechnet werden, weiß sie noch nicht.

Der Gastroverband

„Das Kassengesetz ist in unserer Branche kein großes Problem“, meint Daniel Ohl vom Dehoga Baden-Württemberg. Er zeigt sich überrascht über die Stimmen aus der Gastronomie, die sich gegen das Gesetz stellen. Die Betroffenheit sei nicht vergleichbar mit der anderer Branchen wie beispielsweise der Bäcker. „Eine Protestwelle war bei uns nicht erkennbar“, sagt Ohl. Natürlich gebe es Imbisse und einzelne Betriebe, bei denen neue Probleme entstehen – „da muss man sich was einfallen lassen“. Generell werde in den meisten Restaurants aber ohnehin schon alles boniert.

Die Kulturinsel

Einen öffentlichen Auftrag übernimmt die Kulturinsel in Bad Cannstatt. Auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs verbindet sie Kultur, Kunst und ein Café. „Uns ist wichtig, dass wir absolut sauber arbeiten“, sagt Geschäftsführer und Gründer Joachim Petzold. Als klar war, dass das Kassengesetz kommt, reagierte die Einrichtung deshalb sofort und schaffte ein aufwendiges Kassensystem an. Sechs Kassen für einen fünfstelligen Betrag wurden angeschafft, alles auf dem neuesten Stand. „Natürlich habe ich auch Verständnis für die Kontrolle“, erklärt Joachim Petzold. Er hat das Areal vom Club zur Gastronomie verändert und hat von Betrieben gehört, die die digitale Aufzeichnung des Umsatzes manipuliert haben. Besser wäre aus seiner Sicht deshalb keine Bonpflicht, sondern eine strengere Kontrolle der Software und der Kassensysteme. Petzold: „Man bräuchte da härtere Kriterien, um die Manipulation zu verhindern.“ Kassenzettel brauche die Gesellschaft nicht. Mit mehr Müll komme dabei gerade die Nachhaltigkeit zu kurz.