In der Bolzstraße sollen sogenannte Berliner Kissen bremsen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Es wird ernst für alle, die nächtens auf der Theo und in den angrenzenden Straßenzügen der Partyzone bislang keine Ruhe geben wollten: In dieser Woche noch sollen die Raser gebremst werden.

Stuttgart - Es wird ernst für alle, die nächtens auf der Theo und in den angrenzenden Straßenzügen der Partyzone bislang keine Ruhe geben wollten: In dieser Woche noch soll die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 in der Zeit von 22 bis 6 Uhr für die Theodor-Heuss-Straße eingeführt werden, kündigt die Stadt an.

An mehreren Stellen wird dieser Tage sichtbar, dass es bald vorbei ist mit dem Rasen und PS-starken Angeberfahrten auf dem Rundkurs der Partymeile sowie in der Bolzstraße und der Thouretstraße: Nachdem die Stadt Mitte April zwei Blitzsäulen auf dem Mittelstreifen der Theodor-Heuss-Straße hatte aufstellen lassen, die bis zur Inbetriebnahme noch gegen Vandalismus geschützt in Folie verpackt dastehen, ist nun eine weitere Maßnahme sichtbar geworden. In der Bolzstraße liegen etwa auf Höhe der Königsbautreppen Schweller – auch Aufpflasterungen oder in dieser speziellen Variante Berliner Kissen genannt. Diese Hubbel sollen es den Autofahrern verleiden, zu schnell oder mit PS-starken Rennwagen, die meist über eine geringe Bodenfreiheit verfügen, durchzubrausen. An der Mündung der Thouretstraße, einer beliebten Wendestelle, wurde ein zusätzlicher Poller aufgestellt, der zur Beruhigung beitragen soll.

Ein weiteres sichtbares Zeichen, dass die Stadt den Autofreaks hier einen Strich durch die Rechnung machen wird, sind die bereits aufgestellten Tempo-30-Schilder. Noch sind sie mit Klebeband durchgestrichen und damit unwirksam. „Das Tempolimit kommt noch in dieser Woche“, bestätigt Sven Matis, der Pressesprecher der Stadt. Geahndet werde es erst nach Pfingsten, da werde der Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) die Anlagen scharf schalten. Die Geschwindigkeitsbeschränkung gilt aber, sobald die Schilder vom Klebestreifen befreit sind. Die Blitzer werden zurzeit noch geeicht, die Mitarbeiter für die neue Anlage geschult.

Die Polizei findet die Maßnahmen der Stadt gut

Die Verkehrspolizei begrüßt die Eingriffe der Stadtverwaltung: „Wir halten vor allem das Tempo 30 für eine geeignete Maßnahme der effektiven Geschwindigkeitskontrolle“, sagt Roland Haider, der Chef der Stuttgarter Verkehrspolizei. Er verspricht sich davon eine höhere Sicherheit für Fußgänger, da bei Tempo 30 die Furcht der Freunde schneller Autos vor Fahrverboten groß sein dürfte: Bereits bei 61 Stundenkilometern sei da die Fahrerlaubnis weg. Auf Tempo-50-Strecken droht das Verbot ab 81 auf dem Tacho.

All diese Maßnahmen sind Teil eines einjährigen Testlaufs. Die Stadt als Verkehrsbehörde konnte sie vorübergehend anordnen, da eine konkrete Gefährdungslage für Fußgänger bestanden habe, erläutert der Pressesprecher. Der Entscheidung für diese Entschleunigungsmaßnahmen war einUnfall auf der Theodor-Heuss-Straßevorausgegangen: Ein BMW-Fahrer hatte bei einem riskanten Wendemanöver einen Poller aus der Verankerung gerissen. Der Pfosten traf zwei Fußgänger, die leichte Verletzungen erlitten. Schon unmittelbar nach diesem Zwischenfall kam rasch die Idee des nächtlichen Tempolimits im Stuttgarter Rathaus auf.

Der Ruf nach Schwellern vor Schulen könnte wieder laut werden

Solche Schweller, die nur in 30er-Zonen wie der Bolzstraße angebracht werden können und nicht auf Hauptverkehrsstraßen, haben sich in der Vergangenheit viele Bürger schon an anderen Stellen gewünscht, etwa vor Schulen. Dazu müsste dort ebenfalls ein Tempolimit gelten, wie es in den zurückliegenden Jahren an 16 weiteren Schulen eingerichtet wurde, nachdem das Verkehrsministerium eine entsprechende Leitlinie erlassen hatte. Diese besagt, dass die Beschränkung möglichst dort gelten solle, wo Schulausgänge an Hauptstraßen liegen. Das werde in Stuttgart mit Geschwindigkeitsanzeigen, welche regelkonform fahrenden Autofahrern einen Smiley anzeigen, unterstützt.

Ob der Ruf nach den Schwellern als zusätzliche Beruhigung vor Schulen oder an anderen Stellen erneut laut wird, wird von den Erfahrungen damit abhängen: Die Schweller in der Bolzstraße sind ein Test. Man werde die Ergebnisse abwarten und dann sehen, ob die auf die Straße geschraubten Berliner Kissen auch an anderen Stellen sinnvoll einzusetzen seien.