Diese Karte vom Kaufhaus Tietz an der Königstraße ist 1932 verschickt worden. Foto: /Sammlung Wolfgang Müller

Wenn die Tage kürzer werden, leuchtet die Stadt ganz besonders. Unser Stuttgart-Album blickt auf die Glanzlichter der Vergangenheit zurück – auf Zeiten vor der Energiekrise. So schön kann Stuttgart bei Nacht sein!

„Das Licht kam in die Finsternis“, steht im Weihnachtsevangelium des Johannes. So üppig wie früher leuchtet Stuttgart nicht mehr in diesem Jahr. Die Energiekrise mahnt zur Mäßigung. Ob Privathaushalte oder Kaufhäuser – deutlich reduziert sind die Lichtblicke vor dem Fest 2022. Der Advent ist die Zeit des Lichts und der Hoffnung. Das Dunkle kann bedrohlich wirken. Das Dunkle erinnert an die Härte des Lebens. Wenn es Nacht wird, kommt manches ans Licht.

Und wie war das früher? Wie hat die Stadt für unsere Vorfahren geleuchtet? Die Stuttgart-bei-Nacht-Karten aus den Sammlungen von Wolfgang Müller und Wibke Wieczorek-Becker führen uns die Glanzlichter von früher vor.

Eine Weltkugel schmückt das Kaufhausdach

Zu sehen ist unter anderem das 1905 eröffnete und im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörte Warenhaus Tietz. Oben drauf befindet sich die Weltkugel. Diese Weihnachtskarte ist 1932 verschickt worden. Auf der Fassade ist „Weihnachtsausstellung“ zu lesen. Von 1937 an, nach der Enteignung der jüdischen Kaufmannsfamilie Tietz, und in den Jahren nach dem Wiederaufbau, hieß das Kaufhaus Union. 1966 wurde aus Union Hertie und von 1994 an, nach der Hertie-Übernahme, firmierte das Warenhaus bis 2015 unter dem Namen Karstadt. Heute ist die irische Billigmodekette Primark Hauptmieter des Hauses in der Königstraße 27.

Die Nacht hat keine Chance, ihre Schwärze auszubreiten. Ein weiteres Foto mit Weihnachtslichern sticht vor Blendkraft in den Augen. So viele Lichterketten sind über die vorweihnachtliche Marienstraße der 1970er Jahre gezogen, als stecke ein eigenes Kraftwerk dahinter.

Lichtblicke vergangener Zeiten: Auf einem weiteren Foto ist hinter den beleuchteten Fassaden von Geschäftshäusern der Turm des Alten Rathauses zu sehen. Aus damaliger Sicht war es das Neue Rathaus, das 1905 erbaut worden ist. Das wirklich alte Rathaus war nämlich jenes aus dem Mittelalter. Man sieht außerdem den illuminierten Mittnachtbau. Ganz oben befand sich ein Café mit bester Aussicht, im Erdgeschoss war war das 1864 gegründete Modehaus Oetinger angesiedelt, das 2006 geschlossen hat. Benannt ist das Gebäude nach Hermann von Mittnacht, dem ersten Ministerpräsidenten des Königreichs Württemberg

Das Licht weckt die Lebensgeister

Woher stammt die Tradition der Weihnachtsbeleuchtung? Wer es wissen will, muss weit in die Vergangenheit zurückschauen: Im 17. Jahrhundert haben die Menschen den Tannenbaum geschmückt und Kerzen auf den Baum gesteckt. Die Idee stammt aus der christlichen Tradition, eine brennende Kerze in das Fenster zu stellen, um Besuch zu signalisieren, willkommen zu sein.

Das Licht weckt die Lebensgeister der Menschen und hellt das Gemüt auf. Das Düstere, das in dieser Jahreszeit den Tag oftmals bestimmt, soll vertrieben werden. Das Licht steht für das Leben.

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