Der Angeklagte will in zweiter Instanz einen Freispruch. Foto: dpa

Der ehemalige Kirchendiener einer katholischen Gemeinde in Stuttgart soll eine Kollegin sexuell genötigt haben. Er wehrt sich gegen den Vorwurf vor Gericht in zweiter Instanz.

Stuttgart - Zwei Jahre und sieben Monate Gefängnis wegen versuchter Vergewaltigung und sexueller Nötigung – so lautete am im Dezember 2018 das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart gegen einen Kirchendiener einer katholischen Gemeinde in Stuttgart. Das mutmaßliche Opfer der sexuellen Übergriffe soll eine Kollegin des Angeklagten gewesen sein.

Mit dem Strafmaß waren allerdings weder die Staatsanwaltschaft noch der Angeklagte einverstanden. Die Ankläger halten die Strafe für zu mild, der ehemalige Mesner beteuert seine Unschuld. Beide Seiten gingen in Berufung. „Das Ziel ist ein Freispruch“, sagt Matthias Sigmund. Er und seine Kollegin Kristina Brandt verteidigen den 45-jährigen Angeklagten. Der Stuttgarter befindet sich auf freiem Fuß.

Gepackt und an die Wand gedrückt

2017 hatte die Frau, die wie der Angeklagte Dienst in der katholischen Gemeinde tat, den Mann angezeigt. Er habe sie fortwährend sexuell belästigt. Begonnen hätten die unerwünschten Avancen, nachdem sie und er 2011 bei einer Fortbildung gewesen seien. Erst habe er immer wieder versucht, sie zu küssen. Doch die Intensität habe sich gesteigert. Im Frühsommer 2015 habe der Angeklagte sie beispielsweise in der Küche der kirchlichen Einrichtung gepackt, sie an die Wand gedrückt und versucht, sie zu vergewaltigen.

Anwältin Michaela Spandau, die die Frau in der Nebenklage vertritt, sagt, ihre Mandantin sei traumatisiert. Die Frau wird im Landgericht abgeschirmt, sie wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor der 40. Strafkammer aussagen.

Das Amtsgericht hat sich bei seiner Urteilsfindung unter anderem auf ein Glaubwürdigkeitsgutachten gestützt. Die Sachverständige Ursula Gasch aus Tübingen hatte der Frau bescheinigt, die Wahrheit zu sagen. Das will Verteidiger Sigmund so nicht stehen lassen. Er macht klar, dass sein Mandant vorerst keine Angaben zu dem schweren Vorwurf machen werde. Und Sigmund stellt gleich acht Beweisanträge, die das mutmaßliche Opfer, das er die „angebliche Geschädigte“ nennt, in ein dubioses Licht rücken sollen.

Verteidiger stellt acht Beweisanträge

Die Verteidigung will Zeugen hören, die bestätigen könnten, dass die Frau „emotional instabil“ und „verhaltensauffällig“ sei. Sie habe mehrfach kundgetan, sie habe Angst vor Männern mit Hunden, die in ihre Wohnung kommen könnten. Verteidiger Sigmund deutet an, die Frau leide unter Wahnvorstellungen.

Außerdem will die Verteidigung von Zeugen bestätigt haben, dass der Angeklagte von 22. Mai bis 3. Juni 2015 zuerst seine Tochter zu Sportturnieren begleitet und danach Urlaub im Ausland gemacht habe. Just in diese Zeit falle, so Verteidiger Sigmund, der Vorwurf der versuchten Vergewaltigung.

Bisher hat die 40. Strafkammer noch nicht über die Beweisanträge entschieden. Unklar ist auch noch, ob die Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten werden. Der Berufungsprozess, der bis jetzt noch auf zwei Verhandlungstage angesetzt ist, wird fortgesetzt.