Das Waisenmädchen Elvira zog 1955 die ersten Zahlen beim Glücksspiel 6 aus 49 Foto: Lotto

„Giftiger als Nitrit“ sei das Lotto-Spiel, ereiferte sich in den 1950ern ein Kirchenvertreter. Fast überall in der jungen Republik durfte man bereits Zahlen tippen – nur nicht im Südwesten. Am 4. Oktober feiert Lotto auf dem Wasen nun den 60. Geburtstag von 6 aus 49 – mit DJ Ötzi und unseren Lesern. Wir verlosen 100 VIP-Bändel (inklusive Verzehrgutschein in Höhe von 30 Euro).

Stuttgart - Sechs Richtige – davon träumen seit dem Jahr 1955 Woche für Woche Millionen. Die allererste Lottozahl, die das Waisenkind Elvira Hahn zehn Jahre nach Kriegsende in Hamburg gezogen hat, war die angebliche Unglücksziffer 13. Wer alle sechs Zahlen vom ersten Mal zum Nachspielen wissen will: 3, 12, 13, 16, 23, 41.

Eine automatisch rotierende Lostrommel gab es damals noch nicht. Die zwölfjährige Elvira musste die Spielscheine von Hand ziehen – und ohne Fernsehkameras.

Die Erfinder Lothar Lammers und Peter Weiand hatten viele Klinken putzen müssen, ehe sie mit ihrer Idee von einem neuen Glücksspiel landen konnten. Lammers jobbte in der Wettscheinauswertung der Westdeutschen Fußballtoto-Gesellschaft, Weiand war freier Mitarbeiter der Zeitschrift „Tipp mit“. Es müsste doch ein einfacheres Glücksspiel geben, überlegten sie sich, für das man keine Spezialkenntnisse benötigt oder keine Mannschaftsaufstellungen berücksichtigen muss. Damals gab es nur das englische Fußball-Toto.

Nix da, Fräulein Fortuna!

Bei seinem Arbeitgeber in Köln holte sich der Tüftler Lammers einen Korb. Enttäuscht kündigte er und wandte sich mit seinem Freund Peter Weiand an die öffentlich-rechtlichen Landesbanken, die damals die träge dahindümpelnde Nordwestdeutsche Klassenlotterie betrieben. Dort war man sofort angetan von der Idee und startete am 9. Oktober 1955 das völlig neue Glücksspiel.

Die Menschen in Baden-Württemberg mussten darauf noch drei Jahre warten. In den Stuttgarter Nachrichten hat der Illustrator Eckart Munz 1957 die Stimmung im Land großartig aufgespießt. Auf seiner heute legendären Karikatur endet für die römische Göttin des Glücks die Reise am Schlagbaum. Achtung, Baden-Württemberg beginnt! Hier ist noch alles anders! Die schöne Göttin schafft es nicht, mit ihrem Füllhorn den Zöllner zu becircen. „Nix da, Fräulein Fortuna“, entgegnet der wackere Beamte, „bei ons gibt’s koi Glück, da wird g’schafft.“

Als in den anderen Bundesländern das Zahlenlotto 6 aus 49 längst erlaubt war, tobte im Südwesten noch der Streit um Moral, als wär’ die Glücksziehung ein Werk des Teufels. Dabei hätte das Land die Einnahmen aus dem Glücksspiel gut gebrauchen können. Für einen Amtsträger der Kirche war Lotto „so giftig wie Nitrit“. Leitartikler warnten vor der „Modekrankheit Lottofieber“. Diese Gefahr greife „schneller um sich als die Spanische Grippe“, war zu lesen. Den Bürgern schien’s egal. Sie fuhren nach Bayern oder Rheinland-Pfalz und füllten dort ihre Teilnahmescheine aus.

Wie oft die 13 gezogen wird

Die Lust am Spiel war nicht aufzuhalten. Das Fußball-Toto gab’s in Baden-Württemberg schon seit 1948. Nach hitzigen Debatten im Landtag durfte die Staatliche Sport-Toto GmbH am 26. März 1958 dem Deutschen Lottoblock beitreten. Endlich ergab sich die Chance, jene Hochgefühle zu erleben, die ein Glücksrausch auslöst. Die ersten sechs Richtigen fürs Land sind am 13. April 1958 – es war ein Sonntag – gezogen worden. Die Gewinnerzahlen: 10, 13, 16, 28, 29, 47.

Doch wo war Fortuna? Hatte der Grenzbeamte sie immer noch nicht hineingelassen? Trotz eines Spieleinsatzes in Höhe von insgesamt 812 893 D-Mark gab’s bei der Premiere im Südwesten keinen Lotto-Sechser. Der Traum vom Supergewinn ging hier erst am 1. Juni 1958 in Erfüllung. Ein Freiburger gewann den damaligen Höchstgewinn von einer halben Millionen Mark.

Weil das Fernsehen die Lotto-Ziehung noch nicht übertrug, wechselten sich die Lottogesellschaften bei der Verteilung des Glücks ab. Am 5. Oktober 1958 war Stuttgart erstmals Austragungsort. Im Hörsaal der Technischen Hochschule Stuttgart fielen – vor mehren Hundert Zuschauern – die Zahlen 2, 4, 8, 30, 38, 44 und die Zusatzzahl 14.

Alles gerade Zahlen – eine Premiere im deutschen Lotto.

In der ewigen Lotto-Ziehungsbilanz belegt die ominöse Zahl 13, die vor 60 Jahren von Elvira als Erstes gezogen wurde, den letzten Platz. In Baden-Württemberg gab es seit Einführung rund 2900-mal den Sechser im Lotto. 740 Lottospieler wurden hier dank ihres Volltreffers erst zu DM-, dann zu Euro-Millionären. Den Gewinnrekord im Land hält übrigens ein Stuttgarter: Im April 2011 durfte sich der Glückspilz über 24,8 Millionen Euro freuen.

Lotto feiert mit unseren Lesern auf dem Wasen

Auch wenn der Südwesten lange Zeit eine lottofreie Festung war, freut sich Lotto-Chefin Marion Caspers-Merk nun darauf, das Jubiläum „urschwäbisch“ auf dem Wasen feiern zu können. Fortuna hat doch noch den Weg zu den Schwaben gefunden.

Unsere Leser feiern mit Lotto am Sonntag, 4. Oktober, 17.30 Uhr, auf dem Volksfest im Zelt von Sonja Merz – mit Stargast DJ Ötzi. Wir verlosen 50 mal zwei VIP-Bändel (inklusive Verzehr in Höhe von jeweils 30 Euro). Schreiben Sie eine Mail an: flair@stn.zgs.de oder eine Postkarte an: Stuttgarter Nachrichten, Stichwort Wasen, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart. Einsendeschluss ist der nächste Mittwoch. Bitte Telefonnummer angeben! Die Gewinner werden von uns telefonisch informiert.