Auf dem Wilhelmsplatz, auf dem vom 31. Juli bis zum 3. August das Henkersfest stattfindet, stand einst vorübergehend der Marktplatzbrunnen während des Neubaus des Rathauses. Foto: Sammlung Wibke Wieczorek-Becker / 

Der Wilhelmsplatz ist ein Ort mit grausamer Geschichte. Das Henkersfest, das vom 31. Juli bis zum 3. August seinen 30. Geburtstag feiert, erinnert daran. Was genau geschah einst hier? Und wann war Schluss mit dem blutigen Treiben?

„Pass bloß uf, sonscht kommscht du no uf dr Käs“ – damit hat man einst in Stuttgart Menschen gedroht, wenn man sie einschüchtern wollte. Im Volksmund ist die Hinrichtungsstätte, die sich außerhalb der Stadt befand, Käs genannt worden wegen ihrer kreisrunden Form. Auf dem städtischen Richtplatz ließen die Scharfrichter von 1581 bis 1811 ihre Schwerter sausen. Dieser Hauptstätte verdankt die Hauptstätter Straße ihren Namen. Diese Straße war der Weg zur Enthauptungsstätte, die sich vor dem Hauptstätter Tor am heutigen Wilhelmsplatz befand.

Todesstrafe wegen „Sodomiterei mit einem Schweine“

In den düsteren Zeiten des Mittelalters warfen Metzger ihre Schlachtabfälle in den stinkenden Nesenbach. Auf dem heutigen Wilhelmsplatz, der damals gar kein Platz war und schon gar keinen Namen besaß, rollten die Köpfe.

Das Henkersfest ist eine wichtige Plattform für regionale Bands. Foto: Fotoagentur-Stuttgart/Andreas Rosar

Einer der vielen, die hier gestorben sind, war der 16-jährige Hans Jacob Weißschädel aus Feuerbach. Man warf ihm vor, gegen Gott, die Kirche, den Staat und die Sittlichkeit verstoßen zu haben. Darauf stand die Todesstrafe. Nach der Enthauptung durch das Schwert, so urteilte der Richter, sei „der Körper des elenden Jugendlichen zu Asche zu verbrennen“. So geschah es dann auch. Das Verbrechen des jungen Mannes ist in den Kriminalakten nachzulesen: „Wirklich begangene Sodomiterei mit einem Schweine.“ Ob es wirklich so war oder nur eine Denunzierung? Das lässt sich heute nicht mehr klären.

Dass die Enthauptungen mit dem Schwert stattfanden, galt damals als „mildere Todesstrafe“ im Vergleich zum Aufhängen am Galgen. Paul Sauer schildert in seinem Stuttgarter Geschichtswerk über ein Dutzend Schicksale von Delinquenten, die hier gestorben sind. An diesem Ort, der 1832 nach König Wilhelm I. von Württemberg benannt wurde, ist 1811 die letzte Hinrichtung vollzogen worden. Dann sind die Henker auf die Feuerbacher Heide ausgelagert worden.

Der Wilhelmsplatz birgt ein weiteres Geheimnis

Was also gibt’s zum Essen an den Ständen des Henkersfestes? Natürlich die Henkersmahlzeit! Das Fest ist eine Plattform für lokale Bands. Zum 30. Geburtstag gibt’s einen besonderen Salsa-Tag am Samstag: Zwei Tanzschulen gestalten ein interaktives Programm, das zum Mittanzen einlädt. Dazu spielen zwei Salsa-Bands: Forr’o Houseband und Los Del Campo.

Der Wilhelmsplatz birgt neben seiner Vergangenheit als Richtstatt ein weiteres Geheimnis - und zwar unter der Erde: 1941 wurde hier ein Bunker fertiggestellt. In dem 4200 Kubikmeter großen Raum sollten 450 Personen Schutz vor Luftangriffen finden. Nach dem Krieg ist der Schutzraum als Lager für das Kaufhaus für alle genutzt worden. Weil es an Hotels mangelte, ist der Bunker 1947 vom Kaufhaus geräumt worden – es entstand ein U-Hotel, ähnlich wie unter dem Marktplatz. 1953 gab es 31 Betten, die Übernachtung kostete fünf Mark für ein Einzel- und neun Mark für ein Doppelzimmer. Frühstück gab’s für 75 Pfennig.

Vorübergehend stand der Marktplatzbrunnen hier

Noch heute führt ein unterirdischer Gang vom Henkersplatz zum ehemaligen Henkershaus an der Hauptstätter Straße 37, wo die Stuttgarter Hells Angels ihr Quartier hatten. Und noch ein (unnützes?) Wissen zum Ort, auf dem Henkersfest gefeiert wird: Auf dem Wilhelmsplatz, auf dem vom 31. Juli bis zum 3. August das Henkersfest stattfindet, stand einst vorübergehend der Marktplatzbrunnen während des Neubaus des Rathauses.

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Weitere Infos zum Henkersfest

Veranstalter
sind Michael Helmstädter und der Verein MIR. Das 30. Henkersfest findet vom 31. Juli bis zum 3. August statt. Veranstaltungszeiten sind von Mittwoch bis Freitag von 16 bis 1 Uhr, am Samstag von 14 bis 01 Uhr