Das Waldhaus vor dem Hasenbergturm. Foto: Sammlung Eckhard und Christine Ernst/Hans Güthler

Wird das seit 2008 leer stehende Waldhaus bald wieder Gäste empfangen? Laut Stadt ist der Bauantrag für Gastronomie auf einem guten Weg. Wir erinnern an die Historie des Hasenbergs mit Fotoschätzen der Initiative Stadtraum West.

Die alte Pracht lässt sich heute nur erahnen. Zugewachsen ist der 458 Meter hohe Hasenberg auf der Südseite, wo Gartenhäusle stehen und wo steile, schmale Steintreppen daran erinnern, dass hier mal Wengerter bei der Traubenlese auf- und abgingen. Üppige Rebstöcke schmückten eine der höchsten Erhebungen von Stuttgart, wie auf historischen Fotos zu sehen ist. Die Gäubahn dampfte durch diese Idylle.

An schönen Tagen pilgerten die Massen hinauf auf den Berg der Hasen. In den drei Gartenwirtschaften gab es insgesamt 1000 Sitzplätze, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Heute sieht man Steinreste des Jägerhauses sowie den Stumpf des 1879 eröffneten Hasenbergturm, der als Mahnmal geblieben ist. Das einstige Wahrzeichen der Stadt, quasi der Vorgänger des Fernsehturms, ist 1943 von den Nazis gesprengt worden, weil diese dachten, er könnte den alliierten Bombern Orientierungshilfe bieten. Das Jägerhaus ist bei Angriffen beschädigt und nach Kriegsende als Jugendheim genutzt worden. Dann wurde es abgerissen. Auf dem Gelände entstand eine Aussichtsplattform.

Das 2008 geschlossene Waldhaus steht vor einem Neuanfang

Die Initiative Stadtraum West sammelt die Dokumente einer großen Zeit und setzt sich dafür ein, dass das einstige Naherholungsgebiet wiederbelebt wird. Der Architekt Eckhard Ernst von der Initiative hofft, dass der Hasenberg endlich sein Dornröschenschlaf beenden kann. Dass der einst 36 Meter hohe Turm rekonstruiert wird, oder dass ein Neubau auf dem Grundstück des Jägerhauses, des damals bestbesuchten Ausflugsortes, entsteht, scheint unwahrscheinlich. Beim Waldhaus aber, das im Jahr 2008 geschlossen hat und über dessen Schicksal seitdem angesichts eines massiven Zauns im Naturschutzgebiet wild spekuliert wird, scheint es nun endlich vorwärtszugehen.

Was wurde nicht alles gemutmaßt, seit 2014 ein Stuttgarter Spielautomatenunternehmer das heruntergekommene Gebäude samt des großen Grüngeländes bei einer Zwangsversteigerung gekauft und daraus eine Festung gemacht hat. Das Gerücht ging um, hier entstehe ein Bordell. Der Eigentümer lehnte es bisher ab, mit den Medien über seine Pläne zu reden. Nun aber hat die Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mitgeteilt, dass die gastronomische Nutzung näherrückt. Nichts anderes sieht der Bebauungsplan vor. Wohnungen sind hier nicht erlaubt. „Der erforderliche Bauantrag wurde gestellt und befindet sich in der abschließenden Prüfung“, teilte die Stadtsprecherin Marie Kraft mit. Das Baurechtsamt sei im engen Kontakt mit dem Architekten. „Nach dem derzeitigem Bearbeitungsstand scheint einer Genehmigung nichts entgegenzustehen“, heißt es im Rathaus. Die Stadt begrüße „eine zeitnahe Belebung des Gebäudes durch einen gastronomischen Betrieb“.

Endlich scheinen die Eigentümer mit den Behörden zu kooperieren. Dies war früher nicht immer der Fall. Im Mai 2020 hatte die Stadt einen Baustopp verfügt, weil der Besitzer „verfahrenspflichtige Sanierungs- und Umbaumaßnahmen ohne eine Baugenehmigung durchgeführt“ habe. Auch der massive Zaun müsse „aus naturschutzrechtlichen Gründen“ entfernt werden. Dies ist bisher nicht geschehen. Das Baurechtsamt werde sich allerdings, sobald es dafür Kapazitäten habe, um den Zaun kümmern.

Wiederaufbau des Turms ist heute kein Thema mehr

Der Stuttgarter Verschönerungsverein, Bauherr des Hasenbergturms, hatte in den 1950ern vergeblich versucht, mit Entschädigungsgeldern der Stadt den alten Stolz der Stadt erneut zu errichten – es gab im Gemeinderat keine finanzielle Hilfe dafür. Heute ist der Wiederaufbau des Turms kein Thema mehr. Nach der Aufschüttung des Birkenkopfes mit Kriegstrümmern würde der Hasenbergturm an alter Stelle niemals mehr die Bedeutung erlangen, die sein historischer Vorgänger besaß.

Dass die Stadt bald den Bauantrag, den die neuen Besitzer für Gastronomie gestellt haben, genehmigen könnte, freut den langjährigen Waldhaus-Pächter Günter Lemme, 88, sehr. „Das ist wirklich eine tolle Nachricht“, sagt er unserer Zeitung. Knapp 50 Jahre lang hat der Wirt, der sich auch als Poet und Maler einen Namen gemacht hat, das 1900 vom Apotheker Robert Xander erbaute Waldhaus mit der Panoramaaussicht geführt. Fast trotzig widersetzte sich Lemme bis 2008 mit seiner Gaststätte, in die König Wilhelm II. kam, um sein Viertele zu trinken, allen modischen Erneuerungen.

Wer das Traditionslokal betrat, landete in den 1960ern. Der Hasenberg mit seinem traumhaften Ausblick hat Lemme zum Dichter gemacht. „Oft verloren in Gedanken, sitz ich überm Häusermeer, seh den wilden Wein dort ranken, unten rauscht der Verkehr“, so beginnt eines seiner Gedichte. In einem anderen heißt es: „Hasenberg, du kleiner Hügel inmitten einer großen Stadt, schenkst den Blicken sanfte Flügel.“ Jetzt hofft Günter Lemme auf ein Happy End.

Wiederaufbau des Turms ist heute kein Thema mehr

Der Fernsehturm-Erbauer saß oft hier

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