Die russische Großfürstin Katharina Pawlowna ist 1816 nach Stuttgart gekommen. Foto: Landesmuseum

Noch heute legen Fans von Katharina Blumen an ihr Grab auf dem Württemberg. Vor 200 Jahren ist die Zarentochter nach Stuttgart gezogen, wo sie Gutes tat, zur Königin der Herzen wurde – und wie Lady Di jung starb. Im Katharina-Jahr befasst sich das Internetforum des Stuttgart-Albums mit einem Mythos.

Stuttgart - „Die Liebe höret nimmer auf.“ Wer von der Grabkapelle Württemberg spricht, sagt diesen Satz, der über dem Eingang prangt. Und es sind viele, die ihn sagen.

Das Mausoleom mit genialer Sicht aufs Neckartal ist eines der beliebtesten Ausflugsziele der Region. In der Gruft, wo der untreue Gemahl, König Wilhelm I., unbedingt an der Seite von Katharina, seiner zweiten Frau, ruhen wollte, hallen die Töne virtuos nach – bei einem siebenfachen Echo.

Mit 30 Jahren ist die temperamentvolle Frau mit dem sanften Blick, der Stuttgart unter anderem das Katharinenhospital verdankt, an einer Gürtelrose gestorben. Bläschen am Mund sollen eine schwere Entzündung ausgelöst haben, lautet die wissenschaftliche Erkenntnis heute. Die romantische Version geht freilich anders: Als die Königin im Januar 1819 in einem offenen Pferdewagen von Scharnhausen nach Stuttgart fuhr, soll sie sich erkältet haben – zuvor hatte sie im Gestüt auf den Fildern ihren Mann mit seiner Geliebten, der Hofschauspielerin Amalie von Stubenrauch, erwischt.

Im Oktober 1816 ist Katharina Königin geworden

Als Lady Diana mit 36 starb, war sie sechs Jahre älter als die Zarentochter bei deren Tod. Beide haben Benachteiligten geholfen und wurden vom Volk geliebt. Katharina Pawlowna war im April 1816 von Russland nach Stuttgart gezogen – im „Jahr ohne Sommer“. Die Hungersnot war groß. Von ihrer Mutter hatte sie gelernt, dass sich Aufstände verhindern lassen, wenn man die Lebensumstände des Volkes verbessert. Katharina besorgte Getreide aus Russland, engagierte sich sozial – von Oktober 1816 an als Königin. Nach dem Tod Friedrich I. hatte ihr Mann, Wilhelm I., den Thron bestiegen.

Was für ein Pech für Freunde des Intrigenspiels, dass es damals weder „Bild“-Zeitung noch „Brisant“-Magazine gab. Boulevardjournalisten würden Schnappatmung bekommen, könnten sie heute über so ein amouröses Durcheinander bei den Königs berichten. Was sich am englischen Hofe zugetragen hat, ist kalter Tee dagegen.

Die erste Frau von Wilhelm hieß Charlotte von Bayern – sie hat dem Charlottenplatz in Stuttgart zum Namen verholfen (er ist nicht nach Königin Charlotte benannt, der Frau des letzten Württemberg-Königs, wie oft zu hören ist). Die Ehe soll nie „vollzogen“ worden sein, so heißt es, und wurde kinderlos geschieden.

Wilhelms dritte Frau hieß Pauline, die Mutter des späteren Königs Karl. Über drei Jahrzehnte hatte der König eine Geliebte: die Schauspielerin Amalie von Stubenrauch, die im Hoftheater als „zur Fleisch und Blut gewordene Poesie“ triumphierte. Doch das Herz des Königs gehörte Katharina, dem er an der Stelle der Württemberg-Stammburg eine Grabkapelle als Beweis einer ewigen Liebe bauen ließ. Sein sehnlichster Wunsch war es, an ihrer Seite gebettet zu werden. Seine dritte Frau Pauline ahnte nichts. Erst nach Offenlegung des Testaments wusste sie, dass der Vater ihrer Kinder, mit dem sie über 40 Jahre verheiratet war, nicht mit ihr ins Grab wollte, sondern mit Katharina, mit der er wegen ihres frühen Todes nur drei Jahre zusammenleben konnte. Pauline war, würde man heute sagen, not amused.

Liebespaare treffen sich bei der Grabkapelle

„Die Grabkapelle ist immer einen Besuch wert“, schreibt Uli Göhler im Internetforum des Stuttgart-Albums: „Man sollte unbedingt eine Führung machen. Am schönsten ist es, wenn beim Fest der Russisch-Orthodoxen Kirche unten in der Gruft der Chor singt – da läuft es einem eiskalt den Buckel runter.“ Mit Katharina und der Grabkapelle verbindet Denis Žganjer die Gründung seiner Familie: „Dort hatte ich das erste Date mit meiner Frau. Zehn Jahre später habe ich ihr hier einen Heiratsantrag gemacht.“

An die Ewigkeit einer großen Liebe und an zahlreiche Wohltaten denken viele, wenn von der Zarentochter, der Enkelin von Katharina der Großen, die Rede ist. In ihren drei Stuttgarter Jahren hat sie viel erreicht. Etliche Institutionen gehen auf sie zurück: etwa das Katharinenstift und das Katharinenhospital in Stuttgart, die Württembergische Landessparkasse sowie das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg.

Im Jubiläumsjahr von Katharina rückt ein Mythos in den Blickpunkt. Die Bewunderung für eine engagierte Frau hält bis heute – denn die Liebe höret nimmer auf.

Diskutieren Sie mit im Internet unter www.facebook.com/Album.Stuttgart. Im Silberburg-Verlag sind zwei Bücher vom „Stuttgart-Album“ mit zahlreichen Leserfotos erschienen.