Die Karlshöhe in den 1970er Jahren. Foto: /Sammlung Wibke Wieczorek-Becker

Bei schönem Wetter schmecken Bier und Vesper draußen noch viel besser. In Stuttgart ist oftmals die Aussicht obendrein ein Genuss. Unser Stuttgart-Album blickt auf die Freiluftgastronomie von früher zurück. Bei schönem Wetter schmecken Bier und Vesper draußen noch viel besser. In Stuttgart ist oftmals die Aussicht obendrein ein Genuss. Unser Stuttgart-Album blickt auf die Freiluftgastronomie von früher zurück. Bei schönem Wetter schmecken Bier und Vesper draußen noch viel besser. In Stuttgart ist oftmals die Aussicht obendrein ein Genuss. Unser Stuttgart-Album blickt auf die Freiluftgastronomie von früher zurück.

Bei schönem Wetter zieht es die Menschen nach draußen – das war früher nicht anders als heute. Frische Luft und Hitze machen durstig und hungrig. Gerade in der Coronakrise empfiehlt es sich, im Freien einzukehren, wo die Ansteckungsgefahren viel niedriger sind als in geschlossenen Räumen. Auch früher waren Wirtschaften im Freien sehr beliebt. Den „Draußenhockern“ hat das Muse-o, der Museumsverein Ost, im Alten Schulhaus in Gablenberg eine ganze Ausstellung gewidmet. Der Historiker Ulrich Gohl hat mal wieder ordentlich gegraben in alten Dokumenten und dabei die wohl allererste Erwähnung zweier Stuttgarter Gartenwirtschaften gefunden. Das war um das Jahr 1725, also vor fast 300 Jahren. Dokumentiert ist dies, weil sich ein Pfarrer über diese Lokale beschwert hatte. „Die waren übel beleumundet“, weiß Gohl. Denn Glücksspiel und Séparées habe es dort gegeben.

Im 19. Jahrhundert nahm die Freiluftgastronomie dann einen großen Aufschwung. Ausflugsgaststätten, bewirtete Innenhöfe, Vereinsheime vom Sänger- bis zum Schützenheim, Brauereigärten oder Lokale bei den Mineralbädern in Cannstatt und Berg boten Speis und Trank im Freien an. In der tollen Ausstellung in Gablenberg (geöffnet ist sie bis zum 23. Oktober immer samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr) erfährt man außerdem, dass sich der Begriff „Biergarten“ bei uns erst in den 80er Jahren durchgesetzt hat, vor allem dank der „massiven Weißbierwerbung“.

Der Begriff „Biergarten“ kam erst in den 1980ern nach Stuttgart

Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter seien von jeher nicht so zurückhaltend gewesen, was Außenwirtschaften betrifft, als die Menschen in anderen Landesteilen im pietistischen Württemberg. „Stuttgart war sogar berüchtigt für seine Draußenhocker“, sagt Ulrich Gohl. Allein die Vielzahl der Gartenwirtschaften sei beeindruckend gewesen. Und der 1907 verstorbene Volksdichter Eduard Paulus schrieb gar in einem Gedicht, das Florenz, München und Stuttgart vergleicht, über die Kesselstadt:

„An den Bergen hangen Gärten, / Blechmusik durchdröhnt die Nacht, / Und hier sitzt der Kern des Volkes. / Und benebelt sich mit Macht.“

Wo sich die Jugend des Wirtschaftswunders getroffen hat

Ein beliebter Platz zum Einkehren ist die Karlshöhe seit den 1960er Jahren – und das mit einer genialen Weitsicht. Zur Bundesgartenschau im Jahr 1961 ist hier nach den Plänen des 1999 verstorbenen Liederhallen-Architekten Rolf Gutbrod ein Ensemble aus Unterstehhalle, Milchbar, Terrasse und Treppe entstanden – all das steht heute unter Denkmalschutz. Der Treff bei Milchshakes und Rock’n’Roll entsprach in den 1960ern dem Lebensgefühl junger Menschen. Es war die Zeit, als man erst mit 21 Jahren volljährig wurde und noch lange nichts vom Komasaufen wusste. Nach Schulschluss traf sich die Jugend des Wirtschaftswunders bei Buttermilch oder Fürst-Pückler-Eis mit Sahne und freute sich auf die ersten Liebesgeschichten. Auf dem Killesberg hatte Rolf Gutbrod zur Gartenschau eine fast identische Milchbar gebaut.

Die Bundesgartenschau 1961 sollte ganz anders und neu sein. Die Verantwortlichen wollten keine Blümchen-Olympiade auf einer zusammenhängenden Fläche veranstalten, sondern gleichzeitig innerstädtische Flächen sanieren und neue öffentliche Parks schaffen. An der Oper machte man den bisher ovalen See eckig, an den Randbereichen der Stadt wurden vorhandene Grünanlagen neu gestaltet – so auch auf der Karlshöhe.

Die Wielandshöhe hat sich der Mosterei zur Sterneküche entwickelt

Ein Juwel war die Wielandshöhe schon früher, als die Familie Seitz von 1930 bis 1975 an diesem herausgehobenen Ort eine bodenständige Form der Gastlichkeit mit Liegewiese und Außenbewirtschaftung pflegte. Groß war die Trauer, als der Hotel-, Restaurant- und Cafébetrieb mit wunderbarer Aussicht 1975 für immer eingestellt worden ist.

16 Jahre voller Ungewissheit folgten, in denen nur eines klar war: Den Neubeginn konnte nur ein besonders mutiger und besonders begabter Gastronom wagen. Dieser fand sich im Jahr 1991 nach langer Suche in dem Schwäbisch Gmünder Meisterkoch Vincent Klink, der auch heute noch mit 73 Jahren Liebhaber seiner Kochkunst erfreut. Auch als Buchautor ist er sehr erfolgreich.

Die Wielandshöhe hat sich also von der Mosterei zur Sterneküche entwickelt. Der Wirt August Wieland hatte 1880 aus eine Wohnhaus an der Alten Weinsteige eine kleine Mosterei mit Mostwirtschaft eröffnet. Dank der Topografie besitzt Stuttgart besonders viele schöne Plätze zum Draußensitzen. Bei diesen einzigartigen Aussichten schmecken Weinschorle und Apfelsaft gleich noch mal so gut.

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