Party im AT-Keller Foto: Andreas Rosar

Der Run auf die Karten ist groß. „Gefühlt die halbe Stadt kommt“, freut sich Jens Herzberg, der den letzten Tanz vor dem Abriss des Hirschbuckel-Hauses organisiert. Erinnerungen rocken – auch bei Andreas Rosar, der für uns sein Archiv mit Fotos vom AT der 80er öffnet.

Wer sich an die 1980er erinnert, denkt nicht nur an Filme wie „E.T.“, „Dirty Dancing“ und „Ghostbusters“, nicht nur an Telefax, Walkman und Fotokopierer, sondern auch an wilde Mähnen, auftoupierte Locken sowie an Vokuhila-Frisuren, vorne kurz, hinten lang. Der Fotograf Andreas Rosar war 22 Jahre alt, als er im Jahr 1987 im AT Podium genau solche Frisuren massenhaft fotografiert hat. Als er bei uns den Artikel „Große Abschiedsparty, bevor der Abrissbagger kommt“ gelesen hat und die Fotos des Stuttgart-Albums aus dem Kellerclub im Haus am Hirschbuckel sah, kramte er in seinem Archiv nach weiteren Dokumenten einer wilden Zeit.

An Selfies war damals nicht zu denken. Heute hat jeder sein Handy dabei und hält alles fest. Als man noch Disco sagte und nicht Club, war Rosar der Hausfotograf des AT unterhalb der Königstraße. „Wenn ,Self Control’ von Raf lief“, erzählt er, „war die Tanzfläche innerhalb von wenigen Sekunden voll.“ Dann hüpften alle mit und sangen: „Another night, another day goes by, I never stop myself to wonder why.“ Und das gemeinsame „Oh-oh-oh“ wurde immer lauter.

1979 als Jazzclub im Keller des Hauses am Hirschbuckel eröffnet

Auch vor dem AT, erinnert sich Rosar, gab’s Türsteher, die seien bei weitem nicht so streng gewesen wie beim Perkins Park und der Boa. Wer also dort nicht reingelassen wurde, hatte meist im AT Glück. Der Fotograf hat festgehalten, was damals im Keller abging. Im Internetportal unseres Geschichtsprojekts Stuttgart-Album schreibt Manuela Hoes: „Mein Mann und ich hatten unser erstes Date im AT Podium 1987, haben 1988 geheiratet und leben seit 1989 in den USA. Schade, dass so viel verschwindet.“

1979 ist das AT als Jazzclub im Haus am Hirschbuckel eröffnet worden. Es war die Zeit des „Saturday Night Fevers“. Jazz erwies sich für den AT-Betreiber aber häufig als Minusgeschäft, weshalb er immer öfter auf Discoabende nach Travolta-Art setzte.

Im AT Podium hat Marc Simianer zu Abiturszeiten gejobbt, wie er dem Stuttgart-Album verrät: „Eine Zeit lang hatte ich Hausverbot – und war richtig stolz drauf.“ Ramona Wahl, eine weitere Kommentatorin, war 16 Jahre alt und um 23 Uhr noch immer nicht zu Hause. Diese Schrecksekunde hat sie nicht vergessen: Plötzlich stand ihr Vater neben ihr im AT, um sie rauszuziehen.

DJ Jens Herzberg hat noch vor Augen, wie es im AT aussah: „Es war meine erste Disco nach der Tanzschule. Man lief die Treppe runter, sah Bilder von vergangenen Jazzgrößen, der Sound war beeindruckend.“ 1987 ist aus dem AT das Roxy geworden, aus dem dann 1997 das Toy wurde. Am 22. Dezember, 20 bis 5 Uhr, feiert Herzberg am Ort seiner jungen Jahre eine „große Roxy-Abschiedsparty“ und ist begeistert, wie stark die Nachfrage nach Karten ist. Bevor das fast 70 Jahre alte Haus abgerissen wird, soll der letzte Tanz so richtig heiß werden. Wenn die Erinnerungen rocken zwei Tage vor Heiligabend, will auch der Fotograf Andreas Rosar dabei sein, nachdem er 30 Jahre nicht mehr dort war. „Gespannt“ ist er, „wie viele AT-Besucher von damals kommen und wie sie heute aussehen.“ In dieser Nacht wird der Club noch mal zur Disco.