Thomas Becker führt die Geschäfte des Plattsalat-Ladens im Westen. Foto: Achim Zweygarth

Der Verein Plattsalat unterhält in Stuttgart drei Naturkostläden – steht aber vor allem für eine Idee.

S-West - Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Sonja Schauer im Plattsalat im Stuttgarter Westen. Nach dem Studium hatte sie in Teilzeit in dem Bioladen angefangen. „Das hatte auch praktische Gründe. Aber ich mag es, dass ich hier eigenverantwortlich arbeiten kann“, sagt Schauer. Und vor allem ist sie von dem Konzept des Vereins Plattsalat überzeugt.

Bio-Läden gibt es heute fast in jedem Stadtteil, jeder große Supermarkt hat inzwischen einen Bereich mit ökologisch nachhaltig hergestellten und regionalen Produkten. Meist sind diese jedoch teurer als Waren in den Discountern. Menschen mit wenig Geld können es sich deshalb oft kaum leisten, Öko- und Regionalprodukte zu kaufen. Einige alleinerziehende Mütter aus dem Stuttgarter Westen wollten sich vor einigen Jahren mit dieser Situation nicht abfinden. Kurzerhand eröffneten sie ihren eigenen Bioladen. Die Idee des Plattsalats war geboren: ein Einkaufsladen, der eine breite Palette an Produkten anbietet – nahezu alles, was ein Mensch für den täglichen Bedarf benötigt – aber nur aus ökologischer oder regionaler Produktion. „Mit ein paar wenigen Mitgliedern und einer Registrierkasse haben wir damals angefangen“, erzählt Thomas Becker, der ehrenamtliche Geschäftsführer des Plattsalats West, den der Verein in der Bismarckstraße betreibt. Inzwischen gibt es noch zwei weitere Geschäfte, eines im Hallschlag und eines in Kernen. Alle drei Geschäfte agieren als Minigesellschaften, der Verein steht als Dachverband darüber.

Die Kunden sind auch die Mitglieder

Alle Kunden, die bei Plattsalat einkaufen, sind zugleich Mitglieder des Vereins. „Unsere Mitglieder wollen nicht nur Bioprodukte, sondern sie wollen selbstbestimmt einkaufen“, sagt Becker. Die Mitglieder bestimmen mit, was in den Läden steht, wie gearbeitet wird und von welchen Händlern die Ware bezogen wird. Die Produkte kommen aus vielen verschiedenen Quellen, rund 40 Lieferanten hat der Verein Plattsalat. „Das ist der Unterschied zu einer normalen Supermarktkette.“ Zudem hätten rund 30 Erzeuger ihre Heimat in der Region. „Wir achten sehr darauf, dass unsere Ware auf jeden Fall Bio ist, aber nicht alles können wir aus der Region beziehen“, sagt Becker. Vor allem im Winter sei dies ungünstig. „Da würden wir ja nur Kohl verkaufen“, sagt er schmunzelnd.

Mit ihrem Mitgliedsbeitrag sorgen die Kunden außerdem für günstige Preise. „Die Produkte sind wesentlich billiger als in anderen Bioläden“, sagt Becker. Und nicht nur Obst, Gemüse und Fleisch gibt es im Plattsalat zu kaufen. Von der Zahnbürste bis zum Wein oder Klopapier liegt alles in dem kleinen Geschäft in den Regalen. „Unsere Mitglieder kaufen hier alles, sie wollen nicht für Kosmetik noch in einen anderen Laden fahren“, sagt Becker.

Der Verein hat mehrere Läden

Hinter dem Verein steckt mehr als die Läden. Die Ziele sind faire Arbeitsbedingungen und Preise für alle. Zudem sollen sich Menschen unabhängig von ihrem Einkommen mit gesunden, regionalen und hochwertigen Produkten versorgen können. Die Mitglieder stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten. „Wir haben wenig begüterte Mitglieder, einige fahren aber auch mit der S-Klasse vor“, ist Beckers Erfahrung. Es ist eine Lebenseinstellung, die hinter Plattsalat steht. Deshalb sind viele der Mitglieder auch politisch engagiert, gemeinsam haben sie sich gegen Stuttgart 21 eingesetzt und auch die K 21-Produkte selbst entwickelt. „Ein Teil des Erlöses dieser Produkte geht dabei in den Widerstand“, erklärt Becker.

Rund 250 Mitglieder hat der Verein nach knapp 15 Jahren im Stuttgarter Westen, in ganz Stuttgart sind es 700. Die Abläufe sind komplexer geworden, nicht mehr die Mitglieder helfen im Laden aus, sondern angestellte Kräfte wie Sonja Schauer. „Inzwischen haben wir auch eine Scannerkasse“, erzählt Becker schmunzelnd.