Ton verschärft sich: Polizei schließt härteres Vorgehen in der kommenden Woche nicht mehr aus.

Stuttgart - Wie friedlich wird nächste Woche der Großeinsatz im Schlossgarten? Vor der geplanten Baumfällaktion für Stuttgart 21 werfen sich Polizei und Projektgegner zunehmende Aggressionen vor. Der Polizeipräsident kündigt eine "Anpassung des Einsatzkonzepts" an.

Die Polizei ist entrüstet. Wenige Tage vor dem geplanten Großeinsatz im Mittleren Schlossgarten beklagen die Ordnungshüter "deutlich gestiegene Emotionen" und eine "Radikalisierung bei Teilen der Projektgegner".

Die Polizei rüstet auf. Vermehrt auftretende Handgreiflichkeiten werden, so heißt es in einer Mitteilung am Donnerstag, "aus Fürsorge und zum Schutz der Einsatzkräfte in der Planung ihren Niederschlag finden müssen". Polizeipräsident Thomas Züfle wählt inzwischen nicht mehr nur diplomatische Worte: "Bei den Parkschützern und auf der Straße ist eine Abkehr von rechtsstaatlich tolerablen Widerstandsformen und der Aufruf zu mehr Härte feststellbar", sagt er. Diese Entwicklung bereite ihm Sorge.

Die Anti-Konflikt-Teams der Polizei haben es schwer

Aufgelistet werden Zwischenfälle im Schlossgarten, bei denen Beamte "vermehrt beleidigt und bewusst angerempelt", zudem Anweisungen "immer öfter beharrlich ignoriert" würden. Etwa bei Konfrontationen am 26. und 29. Januar, als Polizisten aus Gründen der Deeskalation zurückweichen mussten. Beklagt werden Straßenbesetzungen, etwa am Charlottenplatz, nach Protestkundgebungen. Die Anti-Konflikt-Teams der Polizei, unterwegs in diplomatischem Auftrag, hätten es immer schwieriger, mit Projektgegnern ins Gespräch zu kommen. Manche seien "in hohem Maße intolerant und für Argumente nicht mehr zugänglich".

Dass der Widerstand massiv werde, so die Polizei, zeige sich am Beispiel des Zeltdorfs: Bei der Festnahme des Randalierers im Wagenburg-Fluchtstollen vor einer Woche sei man auf verstärkte Barrikaden gestoßen - mit einem Wall aus 150 aus Metallrohren zusammengeschweißten Kreuzen und Stangen. Die seien gleich entfernt worden.

Was die polizeiliche Einschätzung, dass "aus Wutbürgern Hassbürger geworden" seien, konkret für das Auftreten der Einsatzkräfte bedeutet, wird allerdings offengelassen. Droht etwa wieder der Wasserwerfer? "Nein", betont Polizeisprecher Stefan Keilbach, "Wasserwerfer spielen definitiv keine Rolle." Allerdings werde es trotz aller Deeskalationsbemühungen ein konsequentes Vorgehen geben. Außerdem werde die passive Schutzausstattung verstärkt. Was im Klartext heißen muss: Der Helm hängt nicht am Gürtel, er ist aufgesetzt.

Gegner werfen Polizei Arroganz und Häme vor

Umgekehrt klagen aber auch Projektgegner über ein aggressiveres Verhalten der Polizei. Aktivisten werfen etwa Mitgliedern der Anti-Konflikt-Teams vor, sich "absolut arrogant" zu verhalten, sie würden Protestierer "hämisch angrinsen". Aktivisten würden ihrerseits von Beamten beleidigt und angerempelt. Gleichzeitig fordern Projektgegner mehr Kampfbereitschaft in den eigenen Reihen: "Ich rede nicht von Straftaten, aber ich sage: Strategie statt Singen, sonst verlieren wir den Park." Für einen anderen ist Stuttgart 21 "ein kriegerischer Akt gegen die Interessen der Bevölkerung Stuttgarts".

Matthias von Herrmann, Sprecher der Parkschützer, hält die Einschätzung der Polizei für eine "völlig übertriebene Darstellung und Überreaktion". Die Leute seien verbittert, von der Politik enttäuscht - es sei aber Konsens, dass die Polizei nicht der Gegner sei. Die Erklärung der Polizei solle wohl dazu dienen, "später ein robustes Verhalten erklären zu können", so von Herrmann. Es werde "ein Grundteppich gegen uns bereitet, wie böse wir doch sind", so der Parkschützer-Sprecher. Dabei lenke die Diskussion davon ab, was der Baumfällung folge: "Eine Brache mit einem Zaun drum rum."