Polizisten tragen einen Stuttgart-21-Gegner davon Foto: dpa

Autofahrer müssen auch künftig in Stuttgarts City mit einem Verkehrschaos rechnen.

Stuttgart - Autofahrer, die in der Innenstadt unterwegs sind, müssen auch künftig mit Verkehrschaos rechnen: Dass Stuttgart-21-Gegner im Anschluss an ihre offiziellen Demonstrationen ohne Genehmigung über die Konrad-Adenauer-Straße (B14) ziehen, wird von der Polizei nicht geahndet. Zuletzt hatten am Montagabend etwa 2000 Aktivisten bei ihrem nicht angemeldeten Marsch zum Landtag und zum Charlottenplatz für erhebliche Verkehrsbehinderungen in der Innenstadt gesorgt.

"Konsequent wäre es, Platzverweise zu erteilen und die Identität der Teilnehmer festzustellen, die hier unrechtmäßig unterwegs sind", sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach, "allerdings ist das ein Massenproblem." Da die Polizei "auch nicht jedes Mal Hunderte Beamte nach Stuttgart abordnen" könne, konzentriere man sich auf verkehrslenkende Maßnahmen, damit der Verkehr wenigstens an anderen Stellen rollt.

Genötigte Autofahrer müssen bekannt sein

Keilbach hält mit diesen Aktionen von Stuttgart-21-Gegnern die Regeln des Versammlungsrechts für weit überschritten, doch das sei nicht entscheidend: "Wir greifen ein, wenn es Gefahr für Leib und Leben geben sollte", sagt er. Ihm sei bewusst, "dass Tausende Verkehrsteilnehmer massiv behindert werden". Bereits bei der Demonstration am 25.Oktober waren mehrere Hundert Stuttgart-21-Gegner vom Schlossplatz über den Charlottenplatz zur B14 und zum Hauptbahnhof gegangen. Ähnliche Aktionen gab es am 23. Oktober, als der Verkehr auf dem Cityring blockiert wurde.

Strafrechtlich seien die Aktionen weder als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr noch als Nötigung zu verfolgen, sagt Staatsanwaltssprecherin Claudia Krauth. Für die Beweisführung müssten konkret genötigte Autofahrer bekannt sein, außerdem müsste den Beschuldigten das Blockieren nachgewiesen werden.

Stocker: "Mich stört das auch ziemlich"

Auch beim Versammlungsrecht gibt es offenbar reichlich Grauzonen. Für die Aktionen auf der Straße, nach Ende der offiziellen Demonstration des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart21, ist kein Versammlungsleiter auszumachen. Und auch keiner, der zum Marsch auf die B14 aufruft. Gegen einen Verantwortlichen vorzugehen wäre für die Behörden einfacher.

Anders war das noch im Juli dieses Jahres, als eine Gruppe von Parkschützern vor einer Baufirma in Zuffenhausen, angeblich spontan, demonstrierte. Für diese Aktion wurde der Parkschützer-Sprecher Fritz Mielert vom Amtsgericht Bad Cannstatt vor wenigen Wochen verwarnt und zu einer Geldstrafe unter Vorbehalt verurteilt. "Das war keine Spontanversammlung, sondern eine Eilversammlung", stellte die Richterin fest. Die damalige Aktion hätte somit telefonisch angemeldet werden müssen. Mielert hatte sich damals gegenüber der Polizei als Versammlungsleiter zu erkennen gegeben - und wurde prompt in Haftung genommen.

Stocker: "Mich stört das auch ziemlich"

Ob die nicht angemeldeten Aktionen nach den Montagsdemonstrationen zusätzliche Sympathien bringen, ist zweifelhaft: "Mich stört das auch ziemlich", sagt Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart21, "aber wir können das wenig beeinflussen." Alles finde eben nach Ende der genehmigten Demonstration statt. Als einzige Möglichkeit sieht Stocker eine Durchsage nach Ende der Demo. "Das haben wir vereinzelt auch schon gemacht, aber wir können niemandem Vorschriften machen."

Man werde prüfen, ob es beim nächsten Mal einen Appell gebe, auf diese Aktionen zu verzichten. "So etwas bringt uns keine Zustimmung", sagt Stocker, "das verärgert nur die Autofahrer." Die können im Augenblick nur eines tun: an kritischen Tagen die Innenstadt meiden. Für die Feinstaubbelastung immerhin nicht das Schlechteste.