Eine Tunnelbohrmaschine. Foto: dpa

Bahn ändert Konzept: Gesteinsmengen bei S21 werden nicht durch die Innenstadt abgefahren.

Stuttgart - Beim Bau des Fildertunnels zwischen dem Tiefbahnhof und dem Flughafen ändert die Bahn ihr Konzept. Durch den Einsatz einer Tunnelbohrmaschine fällt in der Innenstadt kein Gesteinsausbruch aus den beiden Röhren mehr an. Auch Degerloch profitiert.

Die Bahn wird die beiden parallelen, je 9,5 Kilometer langen Röhren des Fildertunnels nur noch von einer Stelle aus graben. An der A 8 auf Höhe des Gewerbegebiets Fasanenhof Ost entsteht auf freiem Feld eine große Baustellenfläche. Hier startet eine Tunnelbohrmaschine in Richtung Hauptbahnhof.

Der Maschineneinsatz verändert die früher geplante Baulogistik für den längsten der Stuttgart-21-Tunnel erheblich. Die Bahn hatte sich 2005 vom Eisenbahn-Bundesamt einen so genannten Zwischenangriff an der Sigmaringer Straße in Möhringen genehmigen lassen. Er liegt auf Feldern direkt an der Bundesstraße 27. Von hier aus sollten Bagger einen rund 1350 Meter langen Baustollen vorantreiben. Er sollte in 130 Meter Tiefe unter Degerloch zwischen Zedernweg und der Straße In der Falterau enden. Dort wären die beiden Röhren des Fildertunnels dann in zwei Richtungen vorangetrieben und deren Aushub über die Sigmaringer Straße und die B 27 abgefahren worden.

Wohin der Aushub transportiert wird, ist noch unklar

Gleichzeitig mit dem Zwischenangriff wollte die Bahn den Fildertunnel auch von der City und von Feldern an der A 8 aus beginnen. Nun bleibt dank des Sondervorschlags eines österreichischen Baukonsortiums unter der Führung der Porr AG nur noch die Baustelle an der A 8 übrig. Anwohner der geplanten Baustelle in Degerloch profitieren genauso wie die der Baustraße in der City. Die Straße wird es natürlich dennoch geben, weil der Aushub des Tiefbahnhofs sowie Aushubanteile aus den Tunneln nach Feuerbach, Bad Cannstatt und Ober- und Untertürkheim weiterhin auf Lkw kommen. Sie fahren bis in den Nordbahnhof und kippen ihre Last dort auf Güterzüge.

Durch den Einsatz der Tunnelbohrmaschine soll der komplette Aushub des Fildertunnels, das sind laut früheren Angaben der Bahn 2,73 Millionen Kubikmeter, auf der Baustellenfläche an der A 8 anlanden. Zum Verständnis: 2,73 Millionen Kubikmeter entsprechen einem großen Fußballfeld, das 330 Meter hoch mit Erde bedeckt ist.

Wohin der Aushub transportiert wird, wo also neue Betroffenheiten durch Zehntausende Lkw-Fahrten entstehen werden, konnte die Bahn am Mittwoch auf Anfrage nicht sagen. Da zuständige Planer nicht erreichbar waren, bestätigte das S-21-Kommunikationsbüro auch die neue Baustellenlogistik nicht. „Der Sondervorschlag der Arbeitsgemeinschaft unter Porr ist angenommen worden, der Zwischenangriff entfällt, der komplette Aushub geht über die A 8“, klärte dagegen ein Mitarbeiter der Herreknecht AG auf, die die Maschine baut.

Zunächst fährt die Tunnelbohrmaschine von der A 8 aus rund vier Kilometer Richtung Degerloch

Der Bau des Fildertunnels zählt wegen möglicher Wassereinbrüche im oberen und quellfähiger Gipskeuperschichten im unteren Tunnelteil zu den besonders heiklen Abschnitten der bisher auf 4,33 Milliarden Euro veranschlagen neuen Bahn-Infrastruktur. Die beiden über Querschläge verbundenen Tunnelröhren sollen daher in fünf Schritten gebaut werden: Zunächst fährt die Tunnelbohrmaschine von der A 8 aus rund vier Kilometer Richtung Degerloch. Dabei baut sie dieses erste Tunnelstück bereits mit vorgefertigten, untereinander verschraubten Stahlbetonteilen ,auf.

Im zweiten Schritt wird die Bohrmaschine zurückgezogen und für den zweiten Tunnel in Stellung gebracht. Derweil wird im Berg, Schritt drei, für beide Tunnel ein je rund 1000 Meter langes Stück konventionell gesprengt und betoniert. Dabei werden mehrfach Drainagen um die Tunnelringe angebracht. Sie sollen verhindert, dass beim Bau der weiter nach unten führenden Tunnelstrecke Wasser in die quellfähigen Schichten eindringt.

Unter dem Wagenburgtunnel wird die Maschine in einer Kaverne demontiert und gewendet

Schon wenn diese Abdichtung gebaut wird, kann die Bohrmaschine, Schritt vier, den zweiten Tunnel graben. Durch das fertige 1000-Meter-Stück rollt sie praktisch durch und treibt dann den zweiten Tunnel fast bis zur Stadtmitte voran. Unter dem Wagenburgtunnel wird die Maschine in einer Kaverne (die wird von der Stadtmitte aus gegraben) demontiert und gewendet. Sie fährt im fünften Schritt wieder bergauf und trifft nach rund 4,5 Kilometern auf die Abdichtstelle und jenes Tunnelstück, das ganz am Anfang der Arbeiten stand. Der restliche Weg ans Tageslicht dürfte sich dadurch erheblich beschleunigen. Insgesamt muss der Fildertunnel einen Höhenunterschied von 155 Metern überwinden.

Der gesamte Aushub aus beiden Röhren soll über Förderbänder nach oben zur A 8 bewegt werden. Damit könnte sich ein Förderband über die B 14 in der City erübrigen. Über dieses sollte Gestein auf eine Baustellenfläche im Schlossgarten gekippt und dort umgeladen werden.

In welche Steinbrüche er gefahren wird ist noch unklar. Zur Entsorgung des Gipskeupers wären ehemalige Gipsbrüche, die es zum Beispiel in der Nähe von Rottweil direkt an der A 81 gibt, geeignet. Bei der Genehmigung der Arbeiten war von der Bahn ein Tagebau in Ostdeutschland als Lagerstätte angegeben worden. Daran ist die Bahn aber nicht gebunden, sie musste damals nur grundsätzlich eine Verwertungsstelle nachweisen.