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Abrissbagger mit Problemen - kaum Zwischenfälle: 200 Polizisten für hunderte Gegner.

Stuttgart - Der Abrissbagger weigerte sich zunächst, dann läutete er doch das Ende des Südflügels ein: Punkt 15.07 Uhr fielen am Montag die ersten Mauerstücke. Stuttgart-21-Gegner leisteten mit Blockaden Widerstand, allerdings hielt sich deren Zahl deutlich in Grenzen.

Der Hitachi Zaxis 670 LC ist ein ganzer Kerl in der Abbruchbranche. 100 Tonnen schwer, extrem standsicher, mit einem 17,5 Tonnen starken Teleskopausleger, der noch in 36 Meter Höhe die Mauern einreißt. Wenn er denn will. Dass sein Ausleger-Schnellwechselsystem angeblich nur fünf Minuten und eine Hilfskraft benötigt, schien am Montag nur schöne Herstellerwerbung zu sein. Drei bis vier Männer mühten sich mit zwei Brecheisen und Leibeskräften, die Transportsicherung für die Hydraulik abzubekommen. Der Abriss, von der Bahn so lange herbeigesehnt, musste noch einige Zeit warten.

35 Blockierer mussten weggebracht werden

Die ganze Nacht zuvor hatten Gegner des Bahnprojekts Stuttgart21 in Eiseskälte ausgeharrt. 200 bis 500, je nach Sichtweise, hatten sich die Nachtstunden um die Ohren geschlagen. Akribisch war jede Bewegung der Polizei beobachtet und gemeldet worden. Stündlich hatten die Aktivisten mit dem Angriff des Baggers einer Heilbronner Abrissfirma auf den Südflügel gerechnet. Doch alles war viel zu voreilig: Erst am Montag gegen 8Uhr räumte die Polizei die Blockade. 125 durchgefrorene Aktivisten zählten die Ordnungshüter noch. 35 Blockierer mussten weggebracht, davon 17 weggetragen werden. Bis zum ersten Baggerbiss dauerte es weitere sieben Stunden.

200 Beamte im Einsatz: Kein Vergleich mit der Räumung am 13. Januar, als 2200 Polizisten in einem Großeinsatz das Areal vor dem Südflügel für die Bauzäune räumten. „Ein ruhiger Verlauf, ohne größere Probleme“, sagt Polizeisprecher Olef Petersen. Reine Routine war’s auch für Einsatzleiter Ralf Perrey - sein inzwischen 142. Einsatz in Sachen Bahnprojekt Stuttgart21.

Pfiffe und heftige Beschimpfungen

Kleinere Zwischenfälle gibt es höchstens, wenn S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich an den Absperrungen auftaucht. Pfiffe und heftige Beschimpfungen - Dietrich trägt sie mit Gelassenheit. Er hat zwei Beamte als Begleitschutz. Eine Anzeige wegen Widerstands wird allerdings gegen einen 55-jährigen Projektgegner fällig, der gegen 14.40 Uhr die Absperrung auf Höhe der Expressguthalle überwindet und die Sperrzone stürmen will. „Stadtzerstörer“, steht auf seinem Plakat. Polizisten, die ihn festhalten wollen, berichten, dass er sich heftig gewehrt habe. Der Mann wird überwältigt, abgeführt, seine Personalien werden in einem Mannschaftsbus notiert.

Zur gleichen Zeit mühen sich auch die Arbeiter am störrischen Abrissbager Zaxis, der offenbar nicht richtig in Gang kommt und schließlich vor laufenden Kameras mit Wasserfontänen für Unterhaltung sorgt. Die stellvertretende Projektsprecherin Nadia El-Almi mag nicht von technischen Problemen sprechen, während die Arbeiter sichtbar ungehalten über die Beschaffung irgendwelcher Ersatzteile diskutieren.

„Schämen Sie sich, Herr Schmid!“

Kurz zuvor hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim einen Eilantrag gegen den Abriss zurückgewiesen. Um 15.07 Uhr beißt die Schere am Ausleger erstmals in den First des Südflügels. Acht Minuten später wird ganz in der Nähe die Bühne für die 109.sogenannte Montagsdemonstration aufgebaut.

Dabei stand am Abend die Rede von Pfarrerin Guntrun Müller-Enßlin auf dem Programm - mit Vorwürfen an den baden-württembergischen Wirtschaftsminister. Motto: „Kahlschlag im Schlossgarten ohne Not zugestimmt: Schämen Sie sich, Herr Schmid!“ In einer Presseerklärung betonen die Parkschützer, dass die Blockaden gegen eine „sinnlosen Zerstörung“ gerichtet seien. Die Bahn komme mit wichtigen technischen Arbeiten, wie Grundwassermanagement, Nesenbachdüker und Technikgebäude, nicht voran, moniert Parkschützer-Sprecher Matthias von Herrmann: „Statt die enormen technischen Probleme zuzugeben, stürzt sich die Bahn in blind-zerstörerischen Aktionismus“, klagt er, „und unsere Regierung fällt darauf herein.“