Während auf der S-21-Baustelle gebaggert und betoniert wird, ist der juristische Streit um das umstrittene Bahnprojekt noch längst nicht ausgestanden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt will die Verjährungsfrist für Mehrkosten beim Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht wie von der Bahn gefordert verlängern. Aber auch die Projektgegner erhielten eine Abfuhr: Zwei gegen den Tiefbahnhof gerichtete Bürgerbegehren wurden von der Ratsmehrheit verworfen.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend erwartungsgemäß die von der Bahn geforderte Verlängerung der Verjährung für Mehrkosten beim Bahnprojekt Stuttgart 21 abgelehnt. Zugleich rüstet sich die Stadt für eine Klage der Deutschen Bahn und hat die Kanzlei Dolde Mayen mit ihrer Vertretung beauftragt. Wie tags zuvor im Verwaltungsausschuss erfolgte der Beschluss einstimmig.

Gleichwohl nutzte der Sprecher der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus, Hannes Rockenbauch, die Debatte für eine Generalkritik am Bauherren, aber auch an den S-21-Befürwortern im Rat. Stuttgart 21 sei „der größte wissenschaftlich-technische Betrug der deutschen Geschichte“, so Rockenbauch. Er sieht die Geschäftsgrundlage der Finanzierungsvereinbarung von 2009 als nicht mehr gegeben an. Damals hatte die Bahn Kosten von 4,5 Milliarden Euro angegeben, 2013 hatte der Konzernaufsichtsrat 5,98 Milliarden für das Projekt freigegeben. Die Differenz will die Bahn nun bei den Projektpartnern anteilig einklagen, für die Stadt geht es dabei um 292 Millionen Euro. Strittig ist auch, ob sich die Klage der Bahn überhaupt gegen die Stadt richten kann, da das Land in der sogenannten Sprechklausel des S-21-Finanzierungsvertrags als alleiniger Verhandlungspartner dezidiert genannt wird.

Mit der Mehrheit von CDU, SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern lehnten die Stadträte zudem erneut zwei Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 ab. Der von der Stadt beauftragte Verwaltungsrechtler Christian Kirchberg war zu dem Schluss gekommen, beide Bürgerbegehren seien auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet. Mit dem Bürgerbegehren „Leistungsrückbau“ wollten die Gegner die Stadt verpflichten, wegen der ihrer Ansicht nach nicht nachgewiesenen Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs gegenüber dem heutigen Kopfbahnhof aus dem Projekt auszusteigen. Kirchberg hielt dagegen, die Frage der Leistungsfähigkeit sei keine kommunale Angelegenheit. Auch das Bürgerbegehren „Storno 21“ zu den Mehrkosten wurde von der Ratsmehrheit nicht zugelassen. Die Gegner werden voraussichtlich in beiden Fällen erneut die Gerichte anrufen.