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Bei der zweiten Sitzblockade hat die Polizei am Dienstag 63 Stuttgart21-Gegner angezeigt.

Stuttgart - Bei der zweiten Sitzblockade vor dem einstigen Nordflügel des Hauptbahnhofs am Dienstagmorgen hat die Polizei insgesamt 63 Aktivisten gegen das Bahnprojekt Stuttgart21 angezeigt. Zwei 54 und 55 Jahre alte Männer werden der Körperverletzung beschuldigt.

Der Ton wird wieder rauer. Am Dienstag kam es zeitweise zu Rangeleien, als die Polizei zwischen 7 und 9.20 Uhr vier Baufahrzeugen freie Fahrt aufs Bahngelände verschaffen wollte. Auch bei der Ausfahrt der Lkw kam es zu Konfrontationen. Ein 55-Jähriger wird wegen Körperverletzung angezeigt, weil er laut Polizei einem 28-jährigen Beamten mit der Trillerpfeife direkt ins Ohr gepfiffen und anschließend erheblichen Widerstand gegen eingreifende Ordnungshüter geleistet hatte. Auch gegen einen 54-Jährigen wird wegen Körperverletzung ermittelt. Er soll mit einer Laserlicht-Taschenlampe einen 30-jährigen Polizisten geblendet haben. Der 54-jährige ist bereits polizeibekannt.

Gründlichkeit vor Schnelligkeit

"Damit ist die Grenze eines zivilen Ungehorsams überschritten", sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Weitere 61 Blockierer, die von der Polizei weggebracht werden mussten, erwartet eine Anzeige wegen Nötigung. Die Blockadeaktionen am Montag und Dienstag sind Reaktion auf die Fortsetzung der Bauarbeiten auf der Nordseite des Hauptbahnhofs. Die EnBW will ihre Starkstromkabelkanäle neu verlegen, außerdem sollen neue Messpegelstellen für das Grundwassermanagement gebohrt werden.

Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zeigte sich am Dienstag nicht überrascht von den neuerlichen Protesten. "Zu demonstrieren ist nicht verboten, so lange es friedlich bleibt", sagte er in Stuttgart. Allerdings warnte er vor einer erneuten Eskalation der Lage - ein Appell, der vor allem an die Grünen ging. "Jeder, der das Feuer jetzt wieder anheizt, muss die Verantwortung dafür tragen." Man habe das Schlichtungsverfahren mit Heiner Geißler auch auf Wunsch der Grünen gemacht. "Ich finde es deshalb ein bisschen merkwürdig, dass die Grünen erst das Schlichtungsergebnis begrüßen und sie jetzt dagegen demonstrieren."

Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) sagte, die Bahn sei derzeit mit den Vorarbeiten für den Stresstest beschäftigt. Wie lange das noch dauert, sei unklar. "Hier gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit", so Gönner. Zugleich machte sie klar, dass mit den Arbeiten für das Grundwassermanagement alsbald begonnen werden soll: "Wenn es die Witterung erlaubt, wird das Stück für Stück angegangen."