Beim Bahnhofsbau sollen zwölf Monate aufgeholt werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Kostenrechnung der Bahn zu Stuttgart 21 und das Rettungskonzept überzeugen die Gegner nicht. Die Bahn beteuert, die 6,5 Milliarden Euro reichten aus und der Bahnhof sei sicher.

Stuttgart - In der zweiten und vorerst letzten öffentlichen Runde des Gemeinderatsausschusses für das Bahnprojekt Stuttgart 21 haben sich Konzernvertreter und Projektgegner am Dienstag im Rathaus beharkt. Die Positionen zu Kosten, Brandschutz und Zeitplan bleiben nach mehr als fünf Stunden unversöhnlich. Die Gegner sehen erhebliche Probleme für die Betriebserlaubnis des achtgleisigen Durchgangsbahnhofs. „Ein Desaster wie beim Berliner Flughafen ist vorprogrammiert“, sagte der Ingenieur Hans Heydemann für die Gegner.

Mit der Debatte wollte sich der Ausschuss über den aktuellen Stand informieren. „Das Projekt macht richtig gute Fortschritte“, sagte Manfred Leger, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart-UIm GmbH. Bei der Neubaustrecke von Wendlungen nach Ulm, „wo wir Platz haben“, gebe es mehrere Tunneldurchschläge und im Dezember die Finanzierungsvereinbarung mit dem Land und Anrainerkommunen zum Zusatzhalt in Merklingen. In Stuttgart habe man ein Drittel der Tunnel gebohrt. Man hoffe auf Genehmigungen des Eisenbahn-Bundesamtes (Eba) zur Beschleunigung der Arbeiten, um nur 12 statt 24 Monate hinter dem Zeitplan zu landen und Ende des Jahres 2022 fertig zu werden.

Grüne vermissen konkreten Zeitplan

Leger wurde, wie andere Bahnvertreter, von den Zuhörern auf der Tribüne mit Zwischenrufen unterbrochen. Er riet diesen, die Ausstellung im Turmforum zu besuchen, „dann würden sie nicht so dumm daherlabern“. Es sei übrigens nicht die Bahn gewesen „die sich diesen Luxusbahnhof ausgedacht hat“, sagte Leger. Von dessen Vortrag waren die Grünen enttäuscht. „Wir hatten einen konkreten Bauzeitplan, Abschnitt für Abschnitt, erwartet, sodass wir die ambitionierten Ziele nachvollziehen können“, sagte Stadtrat Jochen Stopper. Martin Körner für die SPD dankte dagegen für die „klare, transparente Darstellung“. „Kein Bauzeitplan, keine Analyse, eine Frechheit“, urteilte Hannes Rockenbauch, Fraktionssprecher von SÖS/Linke-plus. Im Gegensatz zur Elbphilharmonie werde mit der Fertigstellung des Tiefbahnhofs „der eigentliche Ärger erst beginnen“, sagte er. Andere Fraktionssprecher rieten zur Gelassenheit und beklagten die Belastung der Bürger durch die Baustelle.

Den Brandschutz sehen die Gegner nicht entspannt. Heydemann warnte, Zugbrände in Tunneln seien nicht so selten. Die Bahn lasse in den Brandschutzgutachten mit maximal 4041 Personen pro Bahnsteig rechnen, sie müsse aber wegen der im Stresstest erklärten Doppelbelegung der Gleise in der Hauptverkehrszeit rund 7000 annehmen. Die Probleme würden damit verschoben bis zur Betriebserlaubnis. Für die ist das Eba zuständig.

Feuerwehr mit Rettungskonzept zufrieden

Das veränderte Entrauchungskonzept, bei dem von zwei Seiten Luft in den Bahnhof geblasen werde, der durch Öffnungen im Dach entweiche, womit sich eine 2,50 Meter hohe raucharme Schicht über den Bahnsteigen bilde, sei genehmigt, sagte Klaus-Jürgen Bieger, der Brandschutzbeauftragte der Bahn. Für 2025 würden nur 7200 Reisende in der Spitzenstunde im Bahnhof angenommen, 16 000 aber könnten ihn bei einem Brand sicher verlassen. „Wir haben eine Reserve von 100 Prozent und das sicherste System, das je in einem Bahnhof eingebaut wurde“, so Bieger. Das sei auch Ergebnis der Kritik der Gegner, fand Stopper. „Wir haben unsere Haken gemacht“, sagte Frank Knödler, Leiter der Stuttgarter Feuerwehr. Er habe erst Bedenken zum Konzept gehabt, bekannte Knödler, aber alle Reisenden könnten in 13,5 Minuten im sicheren Bereich sein. Offen sei nur noch die Befahrbarkeit der Tunnel mit den Löschwagen.

In der Kostendebatte durfte der Münchener Gutachter Martin Vieregg nicht auftreten. Er hatte vorab vor der Presse seine Prognose von rund 9,8 Milliarden Euro erläutert, die er aus fertig gestellten Bahnprojekten ableite. Der Bundesrechnungshof habe bei seinen 9,6 Milliarden Euro einen anderen Ansatz gewählt. Aus diesen Zahlen leitet der Jurist Eisenhart von Loeper „die Pflicht zum Ausstieg“ ab.

OB Kuhn: Stadt zahlt nicht zusätzlich

S-21-Geschäftsführer Peter Sturm sagte, die vom DB Aufsichtsrat genehmigten 6,5 Milliarden Euro reichten aus, und „zur Fortführung des Projekts gibt es keine Alternative“. Die Prüfgesellschaft KPMG habe die Rechnung bestätigt. Sie habe auch Verkehrsminister Winfried Hermann von den Grünen anerkannt, benannte CDU-Stadtrat Thomas Fuhrmann diesen als Kronzeugen. Er glaube Sturm nicht, sagte Jochen Stopper. Über 4,5 Milliarden Euro Gesamtkosten gebe es von der Stadt kein Geld, erinnerte OB Fritz Kuhn (Grüne). S 21 werde „künstlich klein gerechnet, die Bahn verarscht uns hier nach Strich und Faden“, zeigte sich Hannes Rockenbauch frustriert.