Foto: dpa

Der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wusste seit Ende Oktober 2008 von Prognosen, dass die tatsächlichen Kosten für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 auf mehr als fünf Milliarden Euro steigen könnten.  

Stuttgart/Berlin – Der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wusste seit Ende Oktober 2008 von Prognosen, dass die tatsächlichen Kosten für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 auf mehr als fünf Milliarden Euro steigen könnten. Trotzdem hatten die Projektpartner Bahn, Bund, Land und Stadt im April 2009 einen Finanzierungsvertrag unterzeichnet, in dem die Summe mit lediglich 3,076 Milliarden Euro angegeben wurde. Bundesrechnungshof Präsident Dieter Engels hatte vor zwei Wochen darauf hingewiesen, dass zumindest dem Verkehrsministerium unter der seinerzeitigen Federführung von Bundesminister Wolfgang Tiefensee (SPD) die Prognose des Bundesrechnungshofs für eine Kostensteigerung schon Ende 2008 vorgelegen habe.

Wie die Stuttgarter Nachrichten berichten, gewährt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst nun weitere Einblicke in die damalige Informationslage. In einem Schreiben, das dem Blatt vorliegt, räumt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), ein, dem damaligen Bundesverkehrsminister Tiefensee seien die Zahlen am 29. Oktober 2008 zur Stellungnahme vorgelegt worden.

"Finanzierungsvereinbarung ausgehandelt, die die bekannten Risiken ignorierte"

Darüber hinaus sei Steinbrücks Ministerium informiert worden: „Das Bundesministerium der Finanzen hat am 31. Oktober 2008 von einem Entwurf des Berichts Kenntnis erhalten.“ Im November habe die Bundesregierung dann den Haushaltsausschuss und den Verkehrsausschuss des Bundestags über die Berechnungen des Bundesrechnungshofs informiert; „der Haushaltsausschuss hat der erforderlichen Erhöhung der Verpflichtungserklärung zugestimmt“, so Ferlemann.

Der aus Stuttgart stammende Linken-Parteivorsitzende Bernd Riexinger sagte den Stuttgarter Nachrichten: „Damit steht fest: Steinbrück und Tiefensee wussten schon 2008, dass Stuttgart 21 mehr als fünf Milliarden kosten wird. Beide Minister haben eine Finanzierungsvereinbarung ausgehandelt, die die bekannten Risiken ignorierte.“ Beide müssten auch im Rückblick politische Verantwortung übernehmen und erklären, „warum der Öffentlichkeit nicht schon damals reiner Wein eingeschenkt wurde, sondern die Kosten klein gerechnet wurden“.