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Stuttgart-21-Befürworter: Höchste Zeit für Abzug - Aktivisten: Nicht alle Zelte abbrechen.

Stuttgart - Monatelang haben Dutzende von Stuttgart-21-Gegnern den Schlossgarten besetzt und in Tipis und Zelten übernachtet. Damit wollten sie nach eigenen Angaben verhindern, dass Bäume im Park gefällt werden. Anfänglich akzeptierten viele Bürger die Aktion noch. Doch seit Frühlingsbeginn fordern immer mehr Stuttgarter den Park zurück. Nun wollen die Parkbesetzer die Liegewiese räumen.

Dem freiwilligen Abzug sind laut Irmela Neipp-Gereke, Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, wochenlange Gespräche mit den rund 30 Parkbesetzern vorausgegangen. Anfangs sei die Parkbesetzung in Ordnung gewesen, sagt sie. Doch mittlerweile würden auch Leute im Park nächtigen, denen Stuttgart 21 egal sei. "Die Bevölkerung versorgt die Bewohner mit Kaffee, Kuchen und Spenden. Mittlerweile hat sich bundesweit rumgesprochen, dass es sich im Schlossgarten gut leben lässt", erklärt sie den Umstand, dass der Park auch zum Treffpunkt von Wohnsitzlosen geworden ist.

Parkschützer sind auf Distanz gegangen

Selbst die Parkschützer sind auf Distanz zu den Besetzern gegangen. Sie fürchteten, mit dem problematischen Personenkreis unter den Besetzern in einen Topf geworfen zu werden. "Wir haben die Entwicklung im Park mit Skepsis beobachtet", bestätigt Sprecher Matthias von Herrmann. Einen weiteren Verbleib der Besetzer im Schlossgarten hält er derzeit für überflüssig, weil der Park nicht in Gefahr sei. "Wir gehen davon aus, dass bis zum Herbst keine Baumaßnahmen in Auftrag gegeben werden und unter der rot-grünen Koalition während der Vegetationsphase bis zum Herbst keine Bäume gefällt werden", sagt er.

Doch sollte das Projekt bis dahin nicht vom Tisch sein, werde der Widerstand im Park ab September wieder intensiviert. Doch vorher, am 8. Mai, wollen die Parkschützer und -besetzer zusammen mit dem Aktionsbündnis ein neues Zeichen für den Erhalt des Schlossgartens setzen. Mit einer Säaktion soll neuer Rasen auf die durch das Campen ramponierte Wiese gepflanzt werden, damit sie im Sommer wieder von der gesamten Bevölkerung genutzt werden kann.

Einige Zelte bleiben stehen

Obwohl die Parkbesetzung illegal ist, hat das Land nichts dagegen unternommen. "Vor der Wahl hat sich keiner getraut", sagt Christian List, Vorsitzender des Bündnisses der Befürworter "Wir sind Stuttgart 21". Er findet, dass "die Zeit reif ist" für den Abzug aus dem Schlossgarten. "Es ist kein Zustand, dass dort noch die Zelte stehen", sagt er und geht davon aus, dass der Abzug zur Beruhigung der Situation beiträgt.

Wie dieser Abzug allerdings aussehen soll, ist noch völlig offen. "Der Informationspavillon und auch einige Zelte werden stehen bleiben", stellt Parkbesetzer Markus Meister fest. Der 44-jährige Arbeitslose lebt seit sieben Monaten im Schlossgarten, obwohl er, wie er sagt, eine Wohnung hat. Wie viele der rund 15 Zelte und Tipis verschwinden, hängt laut Meister auch davon ab, ob ein Ausweichgelände für diejenigen seiner Mitstreiter gefunden wird, die weiterhin in der Nähe des Baugeländes bleiben wollen. "Die Zeltstadt wird kleiner, aber nicht ganz verschwinden", kündigt er an.