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Stuttgart 21: Aktionsbündnis kündigt weitere Demos an - Ziel: Abstimmung über S21 oder K21.

Stuttgart - Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart21 will die Landtagswahl am 27.März zur Abstimmung über das Projekt machen und hofft auf eine Ablösung der CDU-FDP-Regierung. "Druck machen" sollen drei Großdemonstrationen in Stuttgart und zwei landesweite Aktionstage.

Gut ein Jahr nach dem offiziellen Baustart im Februar 2010 soll das Bahnprojekt Stuttgart21 bei der Landtagswahl am 27.März 2011 noch gestoppt werden. "Diese Wahl soll zur Wahl gegen S21 und für die Alternative K21 werden", sagte am Freitag Berthold Frieß, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Stuttagrt 21: Erste Großdemonstration am 29. Januar

Neben Frieß äußersten sich weitere führende Köpfe aus dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart21. Die beiden Parteien aus dem Bündnis, die mit ihren Kandidaten im März zur Wahl stehen - Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke - saßen am Freitag bewusst nicht mit am Tisch. Man wolle den Eindruck vermeiden, dass der Protest gegen Stuttgart21 "parteipolitisch instrumentalisiert" werde, hieß es dazu im Bündnis.

"Wir machen 2011 weiter wie 2010, mit einem kreativen, bunten Protest", kündigte SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch an. Neben den wöchentlichen sogenannten Montagsdemonstrationen sind am 29.Januar, 19.Februar und 19.März bereits drei Großdemonstrationen in Stuttgart angemeldet. Am 5.Februar und am 5.März sollen zudem zwei landesweite Aktionstage in allen Wahlkreisen stattfinden. Demos seien ein "zentrales Element, um Druck zu machen", sagte Rockenbauch. "Keine Regierung schafft es, Stuttgart21 bei einem solchen Widerstand durchzuziehen."

Einen konkreten Wahlvorschlag für den nächsten Landtag will das Aktionsbündnis nicht abgeben. "Wir empfehlen bloß, keine Tunnel-Partei zu wählen", sagte SÖS-Stadtrat Gangolf Stocker. Regisseur Volker Lösch konkretisierte diese Aussage: "Wir empfehlen, nicht CDU oder FDP zu wählen." Alle Gewalt gehe vom Volke aus, dieser Grundgedanke müsse "wiederbelebt werden", sagte der Schauspieler Walter Sittler. "Der Protest gegen Stuttgart21 ist keine Gefahr für die Demokratie - er belebt die Demokratie vielmehr aufs Neue."

Sitzblockaden, wenn die Bahn weiterbaut

Falls die Deutsche Bahn mit den Bauarbeiten für Stuttgart21 fortfahre, werde es wieder Aktionen des zivilen Ungehorsams geben, etwa Sitzblockaden, kündigte Rockenbauch an. Man werde "physische Präsenz" zeigen, so Lösch. Die Projektgegner nehmen an, dass bis zur Wahl aber keine größeren Arbeiten mehr stattfinden. Deshalb seien Eskalationen wie im Herbst 2010, als die Polizei Wasserwerfer einsetzte, unwahrscheinlich. "Der 30.September wird sich nicht wiederholen", sagte Lösch.

Nach der Stuttgart-21-Schlichtung und dem Schlichterspruch von Heiner Geißler - der das Milliardenprojekt zwar hart kritisiert, Ende November 2010 aber dennoch seine Fortführung unter Auflagen empfohlen hatte - seien viele Projektgegner enttäuscht und resigniert gewesen, berichteten die SÖS-Stadträte. "Wir haben zunächst versäumt zu erklären, dass wir dem Schlichterspruch nicht zugestimmt haben", sagte Stocker. Dieses Versäumnis habe man behoben. Inzwischen sei bei kritischen Bürgern die "Lust auf Demonstrationen" wieder erwacht. "Dieser Geißler-Effekt wird sich verflüchtigen", meinte Rockenbauch.

Man erwartet einen Regierungswechsel

"Nach der Schlichtung haben wir mit der Landtagswahl eine neue Chance, das Wahnsinnsprojekt Stuttgart21 zu verhindern", sagte Sittler. Sofern eine neue Landesregierung gewählt werde, die gegen Stuttgart21 ist, erwarte man eine Abstimmung aller Bürger in der Region zur Frage "S21 oder K21" sowie eine landesweite Abstimmung über einen Ausstieg aus dem Projekt ICE-Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, sagte Stocker. "Infrage kommen für uns Bürger- oder Volksentscheide", sagte Rockenbauch. Für den BUND sei auch eine Bürgerbefragung, deren Ergebnisse die Politik verbindlich anerkenne, akzeptabel, ergänzte Frieß. Falls das Ergebnis am 27.März anders als erhofft ausfalle, will das Aktionsbündnis den Protest auf der Straße fortsetzen.

Die Deutsche Bahn setzt die Bauarbeiten für Stuttgart21 am Montag fort. Der Energieversorger EnBW wird am Nordausgang des alten Hauptbahnhofs beginnen, eine Starkstromleitung zu verlegen. In der Jägerstraße und auf dem Kurt-Georg-Kiesinger-Platz werden in den nächsten Tagen Bohrgeräte Grundwasser-Messstellen installiert.

Bei der 58.Montagsdemonstration direkt vor dem Hauptbahnhof treten um 18 Uhr unter anderem Brigitte Dahlbender (BUND) und Volker Lösch auf.