Leinfelden-Echterdinges OB Roland Klenk (li., CDU) ist für eine Umplanung am Flughafen Foto: Max Kovalenko

Mit Infografik - Die Grün-rote Landesregierung will beim Projekt Stuttgart 21 keinen Cent mehr für eine bessere Schienenanbindung des Flughafens ausgeben. Die Bezahlung der sogenannten Variante plus bleibt für die Grünen Sache der Bahn, obwohl es eine Verbesserung wohl günstiger gäbe als bisher angenommen.

Stuttgart - Die Bahn hat die Debatte um ihre Pläne zum Flughafenbahnhof – womöglich ungewollt – befeuert. Der Verkehrskonzern muss sich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zum Flughafenhalt zurzeit auf der Landesmesse der öffentlichen Erörterung stellen. Wenn nächste Woche Varianten zur beantragten Planung besprochen werden, dürfte die Kostenfrage einen breiteren Raum einnehmen als abzusehen war. Das liegt an der Zahl 716 000 000, eine Zahl, die die Bahn genannt hat.

716 Millionen statt wie bisher 536 Millionen Euro kostet die Anbindung des Flughafens an die neue ICE-Strecke und die Gäubahn. „Das Land, das sich dem Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs verschrieben hat, müsste jetzt hellwach werden“, sagt Roland Klenk (CDU), Oberbürgermeister der Stadt Leinfelden-Echterdingen. Das Stadtoberhaupt der Anrainer-Kommune hat nämlich noch eine zweite Zahl im Sinn: 760 Millionen. Dieser Betrag wurde vor zwei Jahren errechnet – für eine Variante des Flughafenbahnhofs, die 2012 im Rahmen der vom Land initiierten Bürgerbeteiligung Filder-Dialog als besser eingestufte wurde. Schlussfolgerung: Diese bessere Variante und die vom Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) stets als Murks bezeichnete so genannte Antragstrasse der Bahn liegen nur 44 Millionen statt damals 244 Millionen Euro auseinander. Das hatte unsere Zeitung exklusiv berichtet. „Wenn sich jetzt nicht alle besinnen und nicht bereit sind, eine Differenz von 40 oder 50 Millionen Euro zu stemmen, verstehe ich die Welt nicht mehr“, sagt Klenk.

Filderbahnhof

Innerhalb der grün-roten Landesregierung ist man anderer Ansicht. Planung und Bezahlung einer besseren Flughafenanbindung sei allein Sache der Bahn, sagt der Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz. „Aber wenn die Bahn auf uns zukommt, werden wir uns einem Gespräch nicht verweigern“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion der Grünen.

Claus Schmiedel, Chef der SPD-Landtagsfraktion, sieht keine Chance mehr für einen Flughafenbahnhof plus: „Der Zug ist abgefahren.“ Man müsse andernfalls mit der Planung bei null beginnen, und das bedeute mindestens zwei Jahre Verzögerung. Die Inbetriebnahme des Flughafenhalts zusammen mit Hauptbahnhof und Strecke nach Ulm wäre dann 2021 nicht mehr zu schaffen. Experten halten bei der Gemengelage den Bahn-Zeitplan zumindest für ambitioniert

Für Schwarz stehen die 930 Millionen Landesbeteiligung an Stuttgart 21 nicht zur Debatte. 2013 hatte die Landesregierung entschieden – nach einem kurzen Zögern von Ministerpräsident Winfried Kretschmann – sich an Mehrkosten für eine bessere Planung nicht zu beteiligen. Bei einem Geheimtreffen mit der Bahn hatte Finanzminister Nils Schmid (SPD) mit Billigung Kretschmanns aber 75 Millionen Euro angeboten. Der Verband Region Stuttgart hatte damals als Projektpartner fünf Millionen Euro Zuschuss zugesagt.

Der Verband Region Stuttgart müsse angesichts der Kostenverschiebung jetzt bei der Variantendiskussion innerhalb der Erörterung seinen Willen zum Ausdruck, sagt OB Klenk. Dieser Wille ist im Prinzip da, aber in unterschiedlicher Ausprägung. „Es spricht vieles dafür, dass man’s billiger kriegen kann“, sagt Rainer Ganske (CDU). Die bessere Lösung sei es wert, nochmals umzudenken. Der Verkehrsexperte im Regionalparlament warnt allerdings vor einer Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 ohne den Flughafenbahnhof. „Denn die Bahn könnte auch ohne Airport-Halt leben.“ Hier irrt Ganske, denn im S-21-Finanzierungsvertrag von 2009 hatte sich die Bahn zum Bau einer Flughafenanbindung verpflichtet.

Ganskes Kollege von der SPD, Walter Bauer, will das Thema auf jeden Fall zur Sprache bringen. Im Gegensatz zu Parteifreund Schmiedel ist für den Regionalrat aus Filderstadt der Zug noch nicht abgefahren. Bauer will „selbstverständlich mit der Landesregierung erneut Kontakt aufnehmen und ausloten, wie wir am besten vorgehen“.

Ob die Zusatzkosten tatsächlich nur 44 Millionen Euro betragen, ist offen. Die Rechnung für die Plus-Variante ist veraltet. Zweifel bestehen, ob die Planungskosten (91 Millionen) und Risikozuschläge (61 Millionen Euro) nicht zu hoch angesetzt waren. Was die Alternative heute kosten würde, kann die Bahn nicht sagen.

Die Plus-Variante sieht am Flughafen eine komplette Trennung von S-Bahn- und Fernverkehr vor. Die Bahn will alle Zuggattungen an einem Bahnsteig halten lassen.