Ein Plakat der S21-Gegner: Bald rollen die Bagger wieder, diesmal fällt ein Teil der alten Bahndirektion gegenüber des einstigen Nordflügels. Foto: dpad

Binnen drei Wochen müssen Mieter aus der alten Bahndirektion raus - Vermittlung scheitert.

Stuttgart - Irgendwann ist Schluss - das war klar. Immer wieder hatten die Mieter in der alten Bahndirektion an der Heilbronner Straße Aufschub erhalten, nun soll es plötzlich schnell gehen: Ende Dezember muss das Gebäude leer sein. Mieter und Politiker bemühen sich um eine Duldung. Doch die Bahn macht nicht mit.

 

Am Nikolaustag haben es die meisten Mieter erfahren: Zum 30. Dezember ist Schluss. Dann müssen die 156 Kreativen, Künstler und Existenzgründer ihre Räume in der alten Bahndirektion (H7) an der Heilbronner Straße 7 verlassen haben.

Dass das Mietverhältnis kein ewiges sein würde, war allen klar. Schließlich war der Teilabriss der alten Bahndirektion für den Tunnelbau für das Bauprojekt Stuttgart 21 mit dem Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes genehmigt, als die Raumaufzeit GmbH im Jahr 2006 einen großen Teil des Gebäudes zur Untervermietung anmietete. Und: Dass das Gebäude abgerissen wird, ermöglichte erst die Zwischennutzung.

Eine Katastrophe kurz vor Weihnachten

Doch dass es plötzlich so schnell gehen muss, damit hatte niemand gerechnet. Noch vor kurzem hatte Alexander Matthies, Geschäftsführer der Raumaufzeit GmbH, gesagt, man sei guter Dinge, bis Ende März oder länger bleiben zu können. Nun werfen einige Mieter Matthies vor, er habe vom früheren Termin gewusst, diese Information aber nicht sofort an die Mieter weitergegeben. "Das war nicht so", so Matthies. "Ich habe die Mieter gleich informiert."

Der Mietvertrag von Raumaufzeit mit der Eigentümerin, der Firma CA Immo Deutschland, lief noch bis zum 31. März 2012. Allerdings beinhaltet der Vertrag die Klausel, dass, wenn der Vermieter vorzeitig kündigt, das Gebäude zum 30. Dezember 2011 leer zurückgegeben werden müsse. Die Firma CA Immo will das Direktionsgebäude zum Jahresende der Bahn überlassen. Diese wird den Teilabriss veranlassen und das Areal danach zur Neubebauung zurückgeben.

Für 156 Mieter, die teilweise Angestellte und Auszubildende beschäftigen, ist dies - vor Weihnachten und vor allem in der Kürze der Zeit - eine Katastrophe. "Ich will Objekte finden, um den H7-Mietern schnell eine Lösung anbieten zu können. Darum muss ich gegenüber der CA Immo vertragstreu sein, sonst habe ich künftig keine Chancen mehr in der Stadt", so Matthies. Inzwischen hat er in der Ossietzkystraße, der Türlenstraße sowie im Filmhaus Ausweichquartiere anzubieten, in der Goethestraße hingegen ist ein Vertrag für ein Objekt geplatzt. Allerdings sind in diesen Gebäuden die Quadratmeterpreise höher als im H7. Dort waren es elf Euro für den Quadratmeter.

Bahn lehnt Fristverlängerung ab

Mittlerweile haben sich die Grüne-Gemeinderatsfraktion sowie die SPD für eine längere Frist für die Mieter ausgesprochen. Besonders setzen sich Ines Aufrecht, Leiterin der Wirtschaftförderung, sowie der Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann (CDU) für die Kreativen ein. Über Tage versuchten sie, von der Bahn eine Duldung zu erwirken, so dass zumindest einige Mieter länger im H7 bleiben könnten.

Nach Verhandlungen, bei denen es vonseiten der Bahn vor allem "um Sicherheitsinteressen" ging, so Kaufmann, habe sich am Montag deutlich abgezeichnet, "dass es mit der Bahn keine Einigung gibt: Ich kann nicht sagen, woran es hing, aber es scheint klar, dass die Bahn uns nicht entgegenkommen konnte", so Kaufmann.

Die Bahn bestätigte, dass sich an der Situation, dass das Gebäude zum Jahreswechsel leer an sie übergeben werden soll, nichts geändert habe. "Es gibt dahingehend keinen neuen Stand", sagt Nadia El-Almi, stellvertretende Leiterin für Kommunikation beim Bahnprojekt Stuttgart–Ulm.

Dafür zeichne sich jedoch eine greifbare Ersatzlösung ab: Es habe sich noch eine Möglichkeit aufgetan, Platz für weitere 50 Mieter zu bieten. Um welches Gebäude es sich handle, könne er noch nicht sagen, so Stefan Kaufmann.