Städtebauliche Aspekte entzweien den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) und den SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Foto: dpa

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, meint Stuttgarts OB Kuhn. Deshalb müsse sich SPD-Mann Schmiedel mit Kritik an der Stuttgart-21-Planung zurückhalten. Der Genosse steht derzeit wegen Steuerhinterziehung in der Kritik.

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, meint Stuttgarts OB Kuhn. Deshalb müsse sich SPD-Mann Schmiedel mit Kritik an der Stuttgart-21-Planung zurückhalten. Der Genosse steht derzeit wegen Steuerhinterziehung in der Kritik.

Stuttgart - Das Bahnprojekt Stuttgart 21 sorgt einmal mehr für Zoff zwischen Grünen und SPD. Jetzt entzweien dessen städtebauliche Aspekte den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) und den SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Kuhn konterte am Dienstag Vorwürfe von Schmiedel, er verhalte sich wie ein „Angsthase“ bei der Planung des neuen Stadtquartiers, das auf den Gleisflächen vor dem Hauptbahnhof gebaut werden soll, die durch den neuen S-21-Tiefbahnhof frei werden.

Schmiedel erweise sich als „erschreckend kenntnisarm“, teilte Kuhn mit. Er täte besser daran, sich um seine Steuerangelegenheiten zu kümmern, als ausgerechnet den Oberbürgermeister über den richtigen Zeitpunkt von Planungen zu belehren. „Den Städtebau in Stuttgart kann er getrost der Stadt überlassen, davon verstehen wir mehr“, schrieb Kuhn dem SPD-Mann ins Stammbuch, der wegen Steuerhinterziehung 17 500 Euro Strafe zahlen muss.

Schmiedel hatte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein Konzept der Stadt angemahnt. Schließlich sei die städtebauliche Entwicklung ein wichtiger Gesichtspunkt, den neuen Bahnknoten zu bauen. Schmiedel sagte: „Wenn wir jetzt nichts tun, dann bauen doch nur wieder die üblichen x-beliebigen Bauträger.“ Derzeit regiere im Stuttgarter Rathaus wie schon unter der CDU die Angst.

Die Gleise bedecken derzeit 100 Hektar Fläche im Talkessel

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) entgegnete, es sei weder Aufgabe der Landesregierung noch von Abgeordneten, sich in die kommunale Selbstverwaltung einzumischen. Er rate, Bürgermeistern und Oberbürgermeistern mit Respekt und Demut zu begegnen. CDU-Landeschef Thomas Strobl stellte hingegen fest: „Die Zusammenarbeit zwischen SPD und Grünen, zwischen der Landespolitik und der Landeshauptstadt Stuttgart, hat einen neuen, ungeahnten Tiefpunkt erreicht.“

Kuhn erläuterte, zur künftigen Entwicklung des Rosenstein-Viertels spreche er mit Entscheidungsträgern und Beteiligten, auch mit der Bahn. „Die Planungen für das Rosenstein-Viertel machen wir zum richtigen Zeitpunkt zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern und dem neuen Gemeinderat.“ Aktuell konzentriere er sich auf dringlichere Städtebau-Projekte wie etwa den Neckar-Park. Dort solle ein Musterviertel entstehen, das auch beispielgebend für das neue Quartier sein könne.

Die Gleise bedecken derzeit 100 Hektar Fläche im Talkessel. Die Stadt hat die Flächen von der Bahn gekauft und will damit den Schlossgarten erweitern sowie einen neuen Stadtteil bauen, wenn die Gleise im Zuge von Stuttgart 21 unter der Erde verschwinden.

Unterdessen machten Kretschmann und Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) noch einmal klar, dass das Land keine Mehrkosten für S 21 übernehmen wird. Dennoch soll es am 1. April ein erstes Sondierungsgespräch zum Thema Sprechklausel geben. Die Sprechklausel im Finanzierungsvertrag von 2009 sieht vor, dass Bahn und Land miteinander sprechen, wenn der Deckel von 4,5 Milliarden Euro gesprengt ist. Die Mehrkosten liegen bei mindestens 1,5 Milliarden Euro. So groß ist die Differenz zwischen dem sogenannten Gesamtwertumfang (GWU) von 6 Milliarden Euro und den bisher von den Projektpartnern zugesagten Beiträgen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro.