Manfred Leger: Man baue nicht nur 57 Kilometer Tunnel durch den Berg. Foto: Lg/ Rettig

Manfred Leger und Peter Sturm, Chefs der Projektgesellschaft, verteidigen Kostensteigerung und sprechen von Fertigstellung im Jahr 2025. Sie mussten sich im Unterausschuss Stuttgart 21 scharfe Kritik anhören.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt weiß mit der von ihr erworbenen Gäubahn-Strecke zwischen dem Stadtteil Vaihingen und dem Äußeren Nordbahnhof nichts anzufangen. Nach der Fertigstellung des Bahnprojekts Stuttgart 21, wohl erst 2025, soll auf den alten Gleisen laut OB Fritz Kuhn (Grüne) pro Stunde maximal ein Nahverkehrszug aus Horb nach Stuttgart fahren; das sehe das Land vor.

„Für diesen einen Zug werden wir nicht 100 Millionen Euro in die Ertüchtigung der Strecke stecken“, sagte Kuhn am Mittwoch im Unterausschuss Stuttgart 21 des Gemeinderates. Die Partner der Stadt in Sachen Nahverkehr müssten erklären, was sie auf den Gleisen fahren lassen wollten.

SSB lehnt Nutzung ab

Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) hat die Streckennutzung abgelehnt. Ob die Region die Verbindung für den Regelverkehr der S-Bahn braucht, ist unklar. Würde die Strecke brachliegen, hat die Bahn die Rückbaupflicht für Gleise und Technik, die Stadt hat die Grundstücke ohne Technikaufbau gekauft. Kuhn und der Gemeinderat erhoffen sich für den 6. März eine Perspektive für die Gäubahnstrecke. Dann treffen sich Vertreter des für den S-Bahnverkehr zuständigen Regionalverbands.

Zehn Fakten zu Stuttgart 21 sehen Sie in unserem Video:

In der Sitzung des Unterausschusses legten S-21-Projektleiter Manfred Leger und der für das Risikomanagement zuständige Geschäftsführer Peter Sturm die bekannten Zahlen vor: statt 6,5 nun bis zu 8,2 Milliarden Euro für den Bau, davon 495 Millionen Risikopuffer, den der Bahn-Aufsichtsrat bei Bedarf freigeben müsste. Dafür „erhalten Sie hier den modernsten Bahnknoten Deutschlands“, sagte Sturm unter Gelächter und teils höhnischen Zwischenrufen von der mit S-21-Gegnern voll besetzten Zuhörerbank.

Leger: Komplexes Projekt

Leger sagte, ein so komplexes Infrastrukturprojekt sei in Deutschland noch nie in Betrieb genommen worden. „Wir bauen nicht nur 57 Kilometer Tunnel durch den Berg“, wertete er den Bau des Gotthard-Basistunnels gegenüber den Anforderungen in Stuttgart und auf der Alb ab. Die Kostensteigerungen seien auf extrem veränderte Marktpreise, Bauverzögerungen und mehr Sicherheit zurückzuführen.

Bei der Bauzeit sagte Leger, man rede von 2024/2025, und „es wird wohl 2025 sein“. Knackpunkt ist der Tunnel vom Tiefbahnhof nach Feuerbach, der durch quellfähiges Anhydrit führt. Der Rohbau soll laut Leger bis Mitte 2020 stehen, allerdings gebe es „keinen Vertrag mit der Baufirma“. Durch den Tunnel müsse der Technikausbau im Hauptbahnhof bedient werden, der Tiefbahnhof habe ja „kein Schiebedach“.

CDU: Mittlere Katastrophe

Kuhn sagte, man rede vom „bestgeplanten Projekt aller Zeiten“, er und die Fraktionen sind einig, dass die Stadt keine Mehrkosten trage. Der Zeitplan sei eine „mittlere Katastrophe“, der Vorgang „eigentlich indiskutabel“, so CDU-Fraktionschef Alexander Kotz, doch die CDU stehe zum Projekt. S 21 habe einen volkswirtschaftlichen Nutzen, sagte Martin Körner für die SPD, am Flughafen dürfe es keine Reduzierung geben, man brauche dort eine Verkehrsdrehscheibe und Fernverkehr, weil sonst Zuschüsse für die Stadtbahnlinie 6 und die verlängerte S 2 entfielen. Jürgen Zeeb (Freie Wähler) sprach für S 21, Bernd Klingler (AfD) dagegen.

Hannes Rockenbauch von SÖS/Linke-plus und Clarissa Seitz (Grüne) nutzen die Sitzung zur Abrechnung. Rockenbauch warf Leger „systematische Intransparenz und Verschleierungstaktik“ vor. Die Stadträte erhielten keine Unterlagen. Statt Nachbesserungen müsse der Umstieg eingeleitet werden. Seitz sagte, die Gegner seien mit ihren nun zutreffenden Kostenschätzungen von der Bahn „verhöhnt“ worden, die Bahn trickse weiter und sei unehrlich zu ihren Partnern.