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Die Kreativ-Kolonie in den alten Waggons am Nordbahnhof will nach Cannstatt umziehen.

Stuttgart - Die Kreativ-Kolonie in den alten Eisenbahnwaggons am Nordbahnhof will nach Cannstatt zum ehemaligen Güterbahnhof umziehen. Dort sollen künftig Container die Ateliers, Lager und Veranstaltungsräume aufnehmen. Stadt und Bahn prüfen den Plan wohlwollend.

Bis Ende Februar muss das Kunstprojekt "Bauzug 3YG" die ersten Waggons nördlich der Gäubahnbrücke geräumt haben. Danach bereitet die Deutsche Bahn den Äußeren Nordbahnhof für die zentrale Baulogistik für Stuttgart21 vor.

"Für drei oder vier Waggons bedeutet das das Aus", sagt Marco Trotta, Sprecher der Ateliergemeinschaft. "Wir hoffen aber, dass sich acht bis zehn Waggons für die Interimslösung südlich der Brücke verlegen lassen."So erhalten 17 bis 19 Waggons eine Gnadenfrist. Mitte Mai ist es auch mit der Interimslösung vorbei. Dann müssen sämtliche Waggons geräumt werden - und das Projekt Bauzug 3YG ist nach zwölf Jahren am Ende.

Durch geschickte Lobbyarbeit ist es der etwa 30-köpfigen Kreativ-Kolonie gelungen, sich in den letzten Wochen eine breite kommunalpolitische Unterstützung zu sichern. Seitdem suchen die Stadtverwaltung und die Deutsche Bahn mit Hochdruck nach einer neuen Bleibe für den Bauzug. Die bewusste Neutralität der Kreativen im Stuttgart-21-Konflikt hat die Gespräche über die Standortsuche erleichtert.

Bahn unterstützt "Beschaffung von Containern"

Der zunächst ins Auge gefasste Umzug der Waggons auf das Areal der alten Zuckerfabrik scheiterte an baurechtlichen Fragen, einer geschützten Eidechsenart, an befürchteten Lärmbelastungen für die Nachbarschaft und nicht zuletzt am Veto des Bezirksbeirats Bad Cannstatt, der den Umzug mit deutlicher Mehrheit ablehnte.

Die Alternative, die von den Kreativen vorgeschlagen wurde, hat nun offenbar deutlich bessere Aussichten auf Erfolg: Auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt gibt es genügend Platz, der Lärmschutz spielt fast keine Rolle, der Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel ist gut und die baurechtlichen Fragen scheinen beherrschbar. Außerdem gehört das Grundstück der Stadt. Die Kreativen hoffen, dass sich das Ziel Güterbahnhof realisieren lässt - zumal sie mit dem neuen Standort eine Zäsur verbinden wollen: Anstelle der ausrangierten und arg verrotteten Waggons will die Kolonie künftig gebrauchte Container nutzen.

"Für den Anfang benötigen wir mindestens sechs Container", sagt Trotta. In späteren Projektphasen sollen es bis zu 20 Container werden. In einem Konzept sind Ateliers und Lagerräume, Räume für Seminare oder Lesungen sowie Freiflächen für Theater, Zirkus und Veranstaltungen skizziert.

Ein nackter Frachtcontainer von sechs oder zwölf Metern Länge kostet laut Trotta gebraucht 1000 bis 2000 Euro. Ein ausgebauter, sechs Meter langer Bau- oder Bürocontainer sollte gebraucht für 3000 bis 5000 Euro zu haben sein. Eigenes Vermögen besitzt das Projekt Bauzug 3YGg nicht. "Wir werden ein wenig Geld erlösen bei der Verschrottung der Waggons - darüber hinaus sind wir auf logistische, materielle und finanzielle Hilfe angewiesen", betont Trotta. Die Bahn - immerhin ein globaler Logistikkonzern - hat bereits Unterstützung bei der "Beschaffung von Containern" angeboten.

Nach einem Gespräch der Kreativen mit Vertretern von Bahn und Stadt am gestrigen Freitag wird die Kommune nun die Rahmenbedingungen für einen Umzug zum Güterbahnhof prüfen. "Der Stadtverwaltung ist es ein wichtiges Anliegen, den Künstlern sehr schnell eine gute Lösung anbieten zu können", sagt Sven Matis vom städtischen Presseamt. Wie lange die Prüfung dauert, sei nicht absehbar. Im Mittelpunkt stünden baurechtliche und wirtschaftliche Aspekte.