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Polizeiführung gibt Einblick in die Einsatzplanung – Unbeteiligte Bürger sollen Akzeptanz entwickeln.

Stuttgart - Die bundesweit beachtete Räumung des Zeltlagers der S-21-Gegner in der vorigen Woche ist weithin friedfertig verlaufen. Das lag am Einsatzkonzept der Polizei, aber auch an der Besonnenheit der Demonstranten. „Die Brandstiftung an den Grundwasser-Rohren macht allerdings mehr Sorgen“, sagt Norbert Walz. „Das ist eine andere, kriminelle Qualität. Hier werden wir genau beobachten, wie sich das entwickelt.“

 

Walz ist Leitender Kriminaldirektor im Polizeipräsidium Stuttgart und damit der zweite Mann in der Hierarchie des Hauses. Als sogenannter Polizeiführer war er Einsatzleiter bei der Räumung im Park. Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt Walz erstmals einen Einblick in die ganz speziellen Vorbereitungen für den Großeinsatz, die bereits im Sommer 2011 begonnen hatten.

„Bei der Vorbereitung haben wir nicht nur das polizeiliche Gegenüber im Blick, also in dem Fall die S-21-Demonstranten, sondern das gesamte Umfeld“, erklärt Walz. Am einen Ende steht der unbeteiligte Bürger, der für den aus der Ferne oder in den Medien wahrgenommenen Polizeieinsatz möglichst Akzeptanz entwickeln soll. Dieser Aspekt ist der Stuttgarter Polizei seit dem missglückten Wasserwerfereinsatz im Herbst 2010 besonders wichtig. Am anderen Ende der Skala berücksichtigt die Vorbereitung Gruppierungen, die zu „Störerverhalten“ (Walz) neigen, bis zur Militanz.

„Aus den Erfahrungen vieler Montagsdemos und nach der Abriegelung am Südflügel war uns klar, dass wir die Lage im Park mit einer konsequenten Linie in den Griff bekommen“, sagt Walz. Ein eindeutiges, transparentes Vorgehen der Polizei sorgt für eine übersichtliche Lage und damit am ehesten für Ruhe auf beiden Seiten. Auch Deeskalation müsse man konsequent betreiben, betont Walz: „Wir sind so freundlich wie möglich, aber so durchsetzungsstark wie nötig.“

Manchmal kommt es auch auf die Details an. Bei der Abriegelung des Südflügels vor einigen Wochen sind die Beamten bewusst ohne Helm angerückt.„Der Helm schafft Distanz; er macht die Beamten unpersönlich“, so Walz. Beim Großeinsatz im Park, wo am vorigen Mittwoch 2500 Polizisten 1300 Demonstranten gegenüberstanden, hatten die Beamten den Helm auf. Aus Sicherheitsgründen.

Die zur Verstärkung angeforderten Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern haben vor dem Einsatz in Stuttgart eine DVD erhalten, die ihnen die Situation im Schlossgarten und ihren Auftrag in Bild und Ton darstellt. In der internen Kommunikation werden auch Leitlinien eines Einsatzes vermittelt. „Wir müssen unseren Leuten zeigen, wie die Führung denkt“, sagt Walz.

Rund 30 Beamte haben den Großeinsatz im Park geplant. Als die ersten Einheiten am Mittwoch um 3.03 Uhr in den Park vorrückten, saßen 40 Beamte im Führungsstab. Walz weiß, dass manche Kollegen sich ein härteres Einschreiten gegen die S-21-Gegner wünschen, während andere eher mit deren Zielen sympathisieren. Die Polizei sei da ein Abbild der Gesellschaft, sagt Walz. Illoyalitäten in die eine oder andere Richtung habe er aber noch nie beobachtet. Schließlich sei der ganzen Truppe klar, dass man sich im Einsatz aufeinander verlassen können müsse. „Ich persönlich will den Anteil an Glück, den man für einen erfolgreichen Einsatz braucht, stets möglichst gering halten“, sagt Walz. Diese Rechnung ist beim S-21-Einsatz im Schlossgarten aufgegangen. Die Ermittlungen gegen die Brandstifter im Park stehen dagegen erst am Anfang.