Der Straßburger Platz mit seinen Glasaugen im Modell von Architekt Christoph Ingenhoven. Rot eingezeichnet die Bahnhofsflügel, die für Ingenhovens Entwurf weichen müssen. Foto: ingenhoven architects

Im Städtebauausschuss haben Experten Ingenhovens Entwurf des Tiefbahnhofs kritisiert.

Stuttgart - Auch im Städtebauausschuss wird der Protest gegen Stuttgart21 schärfer. Eine Gruppe von acht Experten erneuerte jetzt angesichts der aktuellen Situation ihre früheren Einwände. Mit Arno Lederer und Franz Pesch stellte Fritz Auer "15 Thesen zur Weiterentwicklung der Bahnhofsplanung" von Christoph Ingenhoven und des neuen Stadtquartiers vor.

Die Gruppe regte an, einen bis zu acht Meter über das Gelände aufragenden Erdwall mit dem Dach des geplanten Tiefbahnhofs tieferzulegen. Dazu solle die Raumhöhe der Bahnsteighalle an den Endpunkten auf sechs Meter statt 14 Meter begrenzt werden. Der Straßburger Platz über dem Bahnhof müsse eine "gute Stube" und weitgehend eben werden. Nur so könne er Bindeglied zwischen altem und neuem Stadtzentrum sein. Statt aufragenden Lichtaugen könne man fast horizontale Lichtdurchlässe bauen. Damit der Platz funktioniere, brauche es rundum Bebauung. Der abgerissene Nordflügel des Hauptbahnhofs müsse wieder aufgebaut werden. Vom Südflügel müsse, wenn überhaupt, nur ein Teil vorübergehend weg.

Mit Ingenhoven-Entwurf "versauen wir die Stadt"

Die Gruppe stellte damit zentrale Ideen von Ingenhoven zur Disposition: die einheitliche Raumwirkung in der Bahnhofshalle und die weitgehend natürliche Belichtung. Inzwischen könne man mit der LED-Technik den Tiefbahnhof energiesparend ausleuchten, sagte Lederer. In der Euphorie habe die Jury, die Ingenhoven zum Wettbewerbssieger kürte, übersehen, dass eine Hälfte des Jahres kaum die Sonne scheine und der Bahnverkehr auch zur Nachtzeit betrieben werde. Die Vermeidung von größeren Nachteilen an der Erdoberfläche müsse Vorrang haben vor der Innengestaltung der Bahnsteighalle, sagte Lederer, der einst selbst für Ingenhoven stimmte. Architekten könnten dazulernen, sagte er. Beim siegreichen Entwurf habe sich in zehn Jahren allerdings zu wenig getan.

Stadtrat Peter Pätzold (Grüne) sah sich bestätigt, obwohl er den Kopfbahnhof sogar erhalten möchte. Wenn der Ingenhoven-Entwurf durchgeprügelt werde, "versauen wir die Stadt". Es gab aber auch Widerspruch.

Der Architekt Sebastian Zoeppritz meinte, der Vorschlag bedeute für den Bonatzbau wegen der angeregten Nutzung der Flügel für Läden und Lokale aus denkmalschützerischer Sicht keine Verbesserung. Offenbar versuchten die Verfasser einen Schlichterspruch. Baubürgermeister Matthias Hahn sagte, die Gruppe fordere gar nicht die Weiterentwicklung des Entwurfs, den er persönlich in diversen Punkten immer noch hervorragend finde, sondern einen neuen Entwurf. Michael Conz (FDP) klagte, Ingenhovens Plan würde "bis zur Unkenntlichkeit entstellt". Auer räumte zumindest ein: "Okay, was wir wollen, würde einen anderen Entwurf bedeuten, den möchten wir aber dem selben Architekten anvertrauen."