Die Bahn will in Unteraichen beim S-21-Umbau andere Lärmschutzmaßstäbe anlegen als anderswo in der Stadt. Foto: Archiv Norbert J. Leven

Ein Anwalt der Stadt stuft den S-21-Umbau in L.-E. komplett als Neubaustrecke ein. Die Bahn will dagegen beim Lärmschutz unterschiedliche Maßstäbe anlegen.

Leinfelden-Echterdingen - Wenn die Bahnstrecke quer durch die Stadt Leinfelden-Echterdingen an die Bedürfnisse von Stuttgart 21 angepasst wird, will die Stadtverwaltung ihre Bürgerschaft beim Lärmschutz nicht in zwei Klassen eingeteilt wissen. Die Bahn tendiert bei dem inzwischen abgetrennten Genehmigungsverfahren für den Abschnitt zwischen der Rohrer Kurve und dem Flughafen (wir berichteten) zu einer Aufteilung in Bereiche mit unterschiedlich starkem Engagement beim Schallschutz. Mit dem im Juni von Christophe Jacobi, Projekt-Abschnittsleiter der Bahn, angekündigten Plan „können wir nicht einverstanden sein“, sagt die Erste Bürgermeisterin Eva Noller.

Die Stadt hat nach der Ankündigung ihren S-21-Anwalt Armin Wirsing um eine Einschätzung zu der strittigen Lärmschutzfrage gebeten. Die Bahn hält für den Abschnitt zwischen Oberaichen und Bahnhof Leinfelden wegen nur geringfügiger Änderungen die Anwendung alter Richtlinien für legitim. Denen zufolge wären dort praktisch keine Schutzmaßnahmen für die Anwohner erforderlich.

Schienenbonus abgeschafft

Den Abschnitt zwischen Bahnhof Leinfelden und der S-Bahn-Haltestelle unter dem Flughafenterminal stufen aber auch die Eisenbahner als Neubaustrecke ein; unter anderem werden dort die Gleise um 20 Zentimeter auseinander gedrückt. Dort – und auch im Bereich der Roher Kurve – kann die Bahn den vom Bundestag abgeschafften Schienenbonus in Höhe von fünf Dezibel nicht mehr auf die Lärmgrenzwerte aufschlagen.

In einer „rechtsgutachterlichen Stellungnahme“, die die Stadt am Dienstagabend im Gemeinderat erläutern wird, teilt Armin Wirsing die Einschätzung der Bahnvertreter nicht. Es könne für den gesamten Planfeststellungsabschnitt 1.3b keinen Schienenbonus mehr geben, weil dafür noch kein Genehmigungsantrag gestellt worden sei, schreibt er.

„Rechtlich nicht tragfähig“

Außerdem macht der Jurist auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in einem vergleichbaren Fall aufmerksam, der zufolge die Gleise zwischen der Rohrer Kurve und dem Leinfeldener Bahnhof ebenfalls wie eine Neubaustrecke zu beurteilen seien. Durch die Verlegung von Fern- und Regionalverkehrszügen auf die Filder-S-Bahn werde „zusätzlicher und andersartiger Verkehr in erheblichem Umfang“ möglich, der zu zusätzlichen Lärmimmissionen führe. Die von der Bahn angestrebte Aufteilung beim Schallschutz hält Wirsing für „rechtlich nicht tragfähig“.

Mit dieser Einschätzung im Rücken werde die Stadt nun an die Bahn herantreten mit dem Ziel, bestmöglichen Schallschutz für alle Bahnanlieger in L.-E. zu erreichen, erklärt die Erste Bürgermeisterin auf Anfrage unserer Zeitung. Sie hält es für sinnvoll, sich „vor Beginn eines neuen Planfeststellungsverfahrens“ in dieser Detailfrage zu einigen. Auch der Erschütterungsschutz müsse neu bewertet werden, sagte Noller. Details hierzu seien aber noch mit dem Gutachterbüro zu klären.